Samstag, 19. März 2016

Happy coupling, oder - alle brauchen einen Partner, weil... muss so sein!

Und hier ist der „Happy coupling“-Beitrag. Ich entschuldige mich für die Wartezeit. Und irgendwie... bin ich leider ab der Hälfte vielleicht ein bisschen sehr in die „Frage nach dem Grad des Feminismus“-Sparte abgerutscht, und der ganze Beitrag ist nicht ganz so geworden, wie ich mir das vorgestellt hatte.
Doch fangen wir an.



Was mich, zugegebenermaßen, ein bisschen nervt, ist diese „happy-coupling“ Mentalität. Das ist mir mal aufgefallen – alle Hauptcharaktere sind am Ende mit jemandem zusammen, auch, wenn teilweise die Chemie überhaupt nicht stimmt und man sich als Leser fragt, weshalb ausgerechnet diese beiden Charaktere zusammenkommen konnten, weil davor nichts auf irgendwelche Gemeinsamkeiten schließen ließ. Aber alle (wichtigen) Hauptcharaktere sind am Ende verheiratet und glücklich und zufrieden.
Nun verstehe ich das teilweise; Romanze gehört nun einmal in den meisten Fantasy-/Historien-/Gesellschaftsromanen mit dazu. Und auch ich bin teilweise ja so eingestellt, dass ich hoffe, dass meine beiden Lieblingscharaktere einer Fiktion zusammenkommen. (Das passiert selbst bei meiner Eigenen, aka stuntfola, obwohl ich genau weiß, dass sie nicht an Albert interessiert ist und viel dringlichere things on her mind hat.)
Und doch gibt es diese Bücher, wo am Ende alle Charaktere verheiratet sind.

Bei „Harry Potter“ ist das der Fall. (Auch, wenn ich zugebe, dass das ein eher positives Beispiel ist – Luna zum Beispiel, die nicht Neville heiratet.)
Es gibt aber auch Beispiele, wo ich mich wirklich frage, ob der Autor kurz vor Ende bemerkt hat: „Oh, die Hauptperson ist ja noch gar nicht mit jemandem zusammen!“ und hat schnell die beiden Personen verkuppelt, und im Epilog stehen die Figuren dann da und man als Leser fühlt sich ein wenig awkward. Bei „Naruto“ ist das so, namely mit dem „Sakura/Sasuke“-Pairing. Sasuke, der seit seiner Kindheit an auf Rache fixiert war, sich vom ganzen Dorf abgekapselt hat und nachher dieses sogar zerstören wollte; der seinen recht hartnäckigen Freund wieder und wieder zurückgewiesen hat – der heiratet und ist glücklich damit? (Ja, lyncht mich nur, ich bin das mit meiner Vorliebe für merkwürdige Charaktere gewöhnt. ._. Ich gebe zu, ich habe selbst den Spin-off Manga „Naruto Gaiden: The seventh Hokage“ gelesen und war recht emotional und quietschig darüber – wohl aber mehr dadurch, dass Sarada Uchiha einfach ein guter Charakter ist. Obwohl ich den originalen Manga nicht weiter verfolgt hatte, weil Naruto anfing, zu nerven. ^^“) Alle „wichtigen“ Konoha-Ninja heiraten. Alle. Wirklich alle Ninja, die man im Laufe der Serie hat aufwachsen sehen und die nicht vor Ende (wie Neji) gestorben sind. (Selbst Sai. Ich meine, Sai. ._.)
In geschriebener Fiktion ist das nicht anders – man schaue sich die Buchreihe „Mortal Instruments“ an. An dessen Ende sind Clary und Jace glücklich zusammen, Isabelle und Simon und Magnus und Alec – also alle wichtigen Hauptcharaktere haben einen Partner, und das ist ja das Wichtigste. In Twilight ist das schließlich genauso; Emmet ist mit Rosalie zusammen, Bella mit ihrem Edward, Alice mit Jasper und Carlisle mit Esme.
Es gibt noch mehr solche Beispiele, und mir ist das öfter in paranormaler Romanze aufgefallen. Da gibt es das Hauptpairing, um das sich alles dreht und dessen Beziehung einfach über drei Bücher hinweg ausgeführt wird. Und schließlich sind sie verheiratet, und dem Autoren fällt plötzlich mit Schrecken ein – ja, aber was ist mit der besten Freundin der Protagonistin? Die kann nicht allein bleiben, die muss auch einen Freund haben!
Es ist fast ein bisschen so, als wenn der Autor möchte, dass alle seine liebsten Figuren glücklich sind (woran nichts falsch ist), und wie kann man alle glücklich machen? Ganz einfach. Liebe. Heirat. Gruppenheirat! (Woran schon sehr viel mehr falsch ist.)
Der „einsame Wolf“, der eher kontaktscheu und eigenbrötlerisch ist? Gebt ihm eine Frau, die ein geduldiges Wesen und ein sanftes Herz hat, die wird zu ihm durchdringen können. Der Mann, der sein ganzes Leben lang nach Rache gestrebt und Leute nur ihrer Nützlichkeit nach in seiner Nähe geduldet hat? Gebt ihm eine Frau, die es mit seinem Willen aufnehmen kann und die ihm dauernd vor den Kopf hält, wie blöd das eigentlich ist, was er tut; das wird schon. Die Frau, die nur für den Kampf lebt und die höchste Ehre in der Schlacht sieht? Gebt ihr einen einfühlsamen Mann, der den Kampf verabscheut. Und alles am Besten ohne große Charakterisierung kurz vor Ende der Geschichte.
Es heißt doch, Gegensätze ziehen sich an, oder?
Und der Leser schüttelt derweil den Kopf und fragt sich, wie viele Tage er dem Ehepaar geben soll, ehe es sich entsetzt wieder scheiden lässt, sofern möglich.
Selbst beim „Herrn der Ringe“ ist das nicht so schlimm mit der Verkupplungsmanie, da Frodo schließlich unverheiratet bleibt, und Bilbo hatte schließlich auch nie geheiratet. Klar, Pippin heiratet, Merry heiratet, Aragorn heiratet, Faramir heiratet stellvertretend für Boromir, Éomer heiratet. (Ich frage mich immer noch, weshalb so viele Leute davon ausgehen, dass Éomer als König eines Landes single geblieben wäre... selbst heute müssen die Adelshäuser immer noch heiraten, um das Bestehen ihrer Linie zu sichern.) Galadriel ist bereits verheiratet, Lobelia war ebenfalls verheiratet. Doch dafür gibt es noch Théoden und Denethor, die beide verheiratet waren und nicht noch einmal heirateten, obwohl sie die Herrscher eines Landes waren. (Hatten ziemliches Glück, dass sie beide Söhne hatten, schätze ich...) Legolas und Gimli bleiben ebenfalls unverheiratet. Gut, Tolkien lebte in einer anderen Zeit, wo das Bild von Éowyn ja schon mit sehr viel Kritik bedacht wurde. „Frauen gehören nicht in den Krieg, Frauen haben zu Hause zu bleiben und sich um die Kinder zu kümmern.“ Und Éowyn „versteht endlich“ am Ende, dass sie ihr Schwert niederlegen und Heilerin, bzw. Fürstin werden möchte. Weil das ja ein Skandal wäre, wenn sie einfach ungebunden herumziehen würde und *gasp* sie ist nicht verheiratet und läuft in Männerkleidung herum, während sie Orks abschlachtet und irgendjemand muss sich doch endlich mal um dieses verrückte Weib kümmern und züchtigen! Verheiratet es schnellstmöglich, sie ist eine Frau, die muss verheiratet werden! ._. (Ich hatte schon einmal Gríma darüber reflektieren lassen, was wohl gewesen wäre, wenn Éowyn letzten Endes tatsächlich Königin über Rohan geworden wäre, weil es hätte sein können, dass Théoden und Éomer in der Schlacht um Helms Klamm fallen. Éowyn hätte heiraten müssen, um einen Erben auf den Thron zu setzen, und ich wage zu behaupten, dass ihr der Gedanke so gar nicht gefallen hätte.)
Wie ich schon sagte; Tolkien lebte in einer etwas anderen Zeit und war schließlich selbst sehr christlich. Da passt eine alleinstehende Frau vielleicht nicht mit hinein. (Auf der anderen Seite möchte ich natürlich „Haleth?“ *hust*, „Lobelia?“ fragen. Aber gut. Ich sagte bereits, dass Tolkien eines der besseren Beispiele ist.)
Um es kurz zu fassen – mich stört es nicht unbedingt, wenn am Ende alle auf einmal heiraten. Es sollte nur Sinn machen und logisch sein, und die einzelnen Paare sollten doch bitte mehr Kontakt gehabt haben als nur das kurze „oh, ich habe dich in einer Vision gesehen, du musst mein Traumpartner sein, auch, wenn wir eigentlich überhaupt nichts gemeinsam haben und auch nicht die gleichen Ziele. Komm, lass uns heiraten.“

Beim Lesen solcher Geschichten überkommt einen so ein merkwürdig schales Gefühl, und man fragt sich unwillkürlich, ob der Autor der Meinung ist, dass man nur mit einer Heirat wirklich glücklich sein kann. Als ob es das größte Ziel im Leben wäre, zu heiraten und Kinder zu bekommen.
Es gibt Leute, die sind aromantisch und/oder wollen ganz einfach nicht heiraten und sind zufrieden damit. Es gibt Leute, die merken, dass sie sehr gut allein leben können. Es gibt Leute, denen ist es genug, einige enge Freunde zu haben.
Und ebenso gibt es Charaktere, zu denen es ganz einfach nicht passt, wenn sie am Ende des Buches vollkommen unerwartet mit dem anderen Geschlecht vom Autor mit den Worten „So. Heiratet. Habt euch lieb.“ zusammen geklatscht werden. (Doch manche Autoren geben auch dem Druck ihrer Fans nach, ohne auf ihre Charaktere zu schauen oder auf ihren eigenen Plan. Das ist äußerst schade.)
Vor Allem bei Frauen bringt das unbewusst immer wieder die Nachricht herüber: „Eine Frau kann ohne Mann gar nicht glücklich werden.“ Kann sie wohl. Eine Frau kann auch mit einer Frau glücklich werden, und ein Mann mit einem Mann. Oder beide Geschlechter gar allein. Alle Charaktere haben einen gewissen Wesenszug, und der sollte respektiert werden.

Ich sage, dass man damit jedoch auch sehr vorsichtig sein muss. Gleich in das Gegenteil umzuschlagen und alle Frauen Amazonen werden zu lassen, die sich von keinem Mann etwas sagen lassen, den Kontakt mit Männern scheuen und nach dem Motto „Alle Frauen sind frei“ leben, ist auch nicht der richtige Weg. Dann nämlich fragt sich der Leser irgendwann: „Äh... und wie soll das mit der Fortpflanzung klappen? Dank euch wird die menschliche Rasse aussterben.“
Das ist ähnlich wie Tim Burtons „Alice im Wunderland“. Ich mag den Film mehr oder weniger für seine Bilder, ich mag den Hutmacher und die Grinsekatze und den Bandersnatch und Absolem (und – natürlich – den Jabberwocky, oder eher, seine Stimme), und Alice am Anfang. Jedoch verliert sich diese Sympathie mehr und mehr im Laufe des Films, und vor Allem am Ende. Am Ende kommt Alice nämlich wieder in die ihr unangenehme Situation der bevorstehenden Heirat/Verlobung zurück, hat jedoch Selbstbewusstsein gesammelt und... macht damit die gesamte Gesellschaft lächerlich? Hätte es keinen Weg gegeben, das Ganze vielleicht ein bisschen mehr diskret zu behandeln und trotzdem nichts von ihrem neu gewonnenen Vertrauen zu verschwenden? *seufz* (Positives Gegenbeispiel dazu: Sapkowkis Zauberinnen. Aber gut, die sind meist auch älter als 18 Jahre.)
Am besten wäre es natürlich, ein gesundes Mittelmaß zu finden (und seine Charaktere gut kennenzulernen), aber das kann manchmal schwierig sein.

(Ich bin, um ehrlich zu sein, nicht recht zufrieden mit dem Beitrag, weil ich beinahe finde, dass ich zu Vieles nur angeschnitten habe und nicht genauer ausgeführt. Wahrscheinlich, weil ich eigentlich viel lieber über Individuen lese als über reine "Pärchen". Von daher wird dieser Beitag womöglich noch einmal überarbeitet werden.)

1 Kommentar:

  1. Vielen Dank für diesen Beitrag! Ich finde ihn gut, warum solltest du noch etwas verändern? O.o
    Bei Harry Potter hat mich das tatsächlich auch die Augen verdrehen lassen. Zum einen bei Harry & Ginny, weil ich Ginny nicht mochte und zum anderen bei Tonks & Lupin, weil die meiner Meinung nach so gar nicht zusammengepasst haben. Da hätte ich ihr sogar Sirius/Remus noch eher abgekauft.
    Bei "Faramir heiratet stellvertretend für Boromir" musste ich so lachen. XD Und natürlich habe ich auch bei Haleths Erwähnung sehr grinsen müssen. Ach, was bin ich stolz auf Tolkien, dass er sie erfunden hat. ^^
    Ich hätte wirklich gern gelesen, was geschehen wäre, wenn Éowyn Königin geworden wäre! Hoffentlich schreibt das mal jemand aus!
    Ansonsten kann ich dir nur in sämtlichen Punkten zustimmen und jedes Mal eifrig nicken. Wobei mir beim Lesen gleich noch ein neues Phänomen eingefallen ist, was den Überbeschützerinstinkt des Autoren gegenüber seinen Figuren und dieses "ich kann die beste Freundin doch nicht unglücklich bleiben lassen" angeht. Man könnte es vielleicht "happy surviving" nennen und Christopher Paolini ist mein Lieblingsbeispiel. Er bringt es einfach nicht übers Herz, wichtige Figuren über die Klinge springen zu lassen. Selbst so jemanden wie Murtagh, der schon vier Bücher lang eine Zielscheibe auf der Stirn hatte, hat er davonkommen lassen. Aber das führt hier jetzt am Thema vorbei.
    Vielen Dank für diesen tollen Text und ich hoffe, du setzt auch die anderen noch um!
    Liebe Grüße
    Sulime

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