Und hier ist der „Happy
coupling“-Beitrag. Ich entschuldige mich für die Wartezeit. Und
irgendwie... bin ich leider ab der Hälfte vielleicht ein bisschen
sehr in die „Frage nach dem Grad des Feminismus“-Sparte
abgerutscht, und der ganze Beitrag ist nicht ganz so geworden, wie
ich mir das vorgestellt hatte.
Doch fangen wir an.
Was mich, zugegebenermaßen, ein
bisschen nervt, ist diese „happy-coupling“ Mentalität. Das ist
mir mal aufgefallen – alle Hauptcharaktere sind am Ende mit
jemandem zusammen, auch, wenn teilweise die Chemie überhaupt nicht
stimmt und man sich als Leser fragt, weshalb ausgerechnet diese
beiden Charaktere zusammenkommen konnten, weil davor nichts auf
irgendwelche Gemeinsamkeiten schließen ließ. Aber alle (wichtigen)
Hauptcharaktere sind am Ende verheiratet und glücklich und
zufrieden.
Nun verstehe ich das teilweise; Romanze
gehört nun einmal in den meisten
Fantasy-/Historien-/Gesellschaftsromanen mit dazu. Und auch ich bin
teilweise ja so eingestellt, dass ich hoffe, dass meine beiden
Lieblingscharaktere einer Fiktion zusammenkommen. (Das passiert
selbst bei meiner Eigenen, aka stuntfola, obwohl ich genau weiß,
dass sie nicht an Albert interessiert ist und viel dringlichere
things on her mind hat.)
Und doch gibt es diese Bücher, wo am
Ende alle Charaktere verheiratet sind.
Bei „Harry Potter“ ist das der
Fall. (Auch, wenn ich zugebe, dass das ein eher positives Beispiel
ist – Luna zum Beispiel, die nicht Neville heiratet.)
Es gibt aber auch Beispiele, wo ich
mich wirklich frage, ob der Autor kurz vor Ende bemerkt hat: „Oh,
die Hauptperson ist ja noch gar nicht mit jemandem zusammen!“ und
hat schnell die beiden Personen verkuppelt, und im Epilog stehen die
Figuren dann da und man als Leser fühlt sich ein wenig awkward. Bei
„Naruto“ ist das so, namely mit dem „Sakura/Sasuke“-Pairing.
Sasuke, der seit seiner Kindheit an auf Rache fixiert war, sich vom
ganzen Dorf abgekapselt hat und nachher dieses sogar zerstören
wollte; der seinen recht hartnäckigen Freund wieder und wieder
zurückgewiesen hat – der heiratet und ist glücklich damit? (Ja,
lyncht mich nur, ich bin das mit meiner Vorliebe für merkwürdige
Charaktere gewöhnt. ._. Ich gebe zu, ich habe selbst den Spin-off
Manga „Naruto Gaiden: The seventh Hokage“ gelesen und war recht
emotional und quietschig darüber – wohl aber mehr dadurch, dass
Sarada Uchiha einfach ein guter Charakter ist. Obwohl ich den
originalen Manga nicht weiter verfolgt hatte, weil Naruto anfing, zu
nerven. ^^“) Alle „wichtigen“ Konoha-Ninja heiraten. Alle.
Wirklich alle Ninja, die man im Laufe der Serie hat aufwachsen sehen
und die nicht vor Ende (wie Neji) gestorben sind. (Selbst Sai. Ich
meine, Sai. ._.)
In geschriebener Fiktion ist das nicht
anders – man schaue sich die Buchreihe „Mortal Instruments“ an.
An dessen Ende sind Clary und Jace glücklich zusammen, Isabelle und
Simon und Magnus und Alec – also alle wichtigen Hauptcharaktere
haben einen Partner, und das ist ja das Wichtigste. In Twilight ist
das schließlich genauso; Emmet ist mit Rosalie zusammen, Bella mit
ihrem Edward, Alice mit Jasper und Carlisle mit Esme.
Es gibt noch mehr solche Beispiele, und
mir ist das öfter in paranormaler Romanze aufgefallen. Da gibt es
das Hauptpairing, um das sich alles dreht und dessen Beziehung
einfach über drei Bücher hinweg ausgeführt wird. Und schließlich
sind sie verheiratet, und dem Autoren fällt plötzlich mit Schrecken
ein – ja, aber was ist mit der besten Freundin der Protagonistin?
Die kann nicht allein bleiben, die muss auch einen Freund haben!
Es ist fast ein bisschen so, als wenn
der Autor möchte, dass alle seine liebsten Figuren glücklich
sind (woran nichts falsch ist), und wie kann man alle glücklich
machen? Ganz einfach. Liebe. Heirat. Gruppenheirat!
(Woran schon sehr viel mehr falsch ist.)
Der „einsame Wolf“, der eher
kontaktscheu und eigenbrötlerisch ist? Gebt ihm eine Frau, die ein
geduldiges Wesen und ein sanftes Herz hat, die wird zu ihm
durchdringen können. Der Mann, der sein ganzes Leben lang nach Rache
gestrebt und Leute nur ihrer Nützlichkeit nach in seiner Nähe
geduldet hat? Gebt ihm eine Frau, die es mit seinem Willen aufnehmen
kann und die ihm dauernd vor den Kopf hält, wie blöd das eigentlich
ist, was er tut; das wird schon. Die Frau, die nur für den Kampf
lebt und die höchste Ehre in der Schlacht sieht? Gebt ihr einen
einfühlsamen Mann, der den Kampf verabscheut. Und alles am Besten
ohne große Charakterisierung kurz vor Ende der Geschichte.
Es heißt doch, Gegensätze ziehen sich
an, oder?
Und der Leser schüttelt derweil den
Kopf und fragt sich, wie viele Tage er dem Ehepaar geben soll, ehe es
sich entsetzt wieder scheiden lässt, sofern möglich.
Selbst beim „Herrn der Ringe“ ist
das nicht so schlimm mit der Verkupplungsmanie, da Frodo schließlich
unverheiratet bleibt, und Bilbo hatte schließlich auch nie
geheiratet. Klar, Pippin heiratet, Merry heiratet, Aragorn heiratet,
Faramir heiratet stellvertretend für Boromir, Éomer heiratet. (Ich
frage mich immer noch, weshalb so viele Leute davon ausgehen, dass
Éomer als König eines Landes single geblieben wäre... selbst heute
müssen die Adelshäuser immer noch heiraten, um das Bestehen ihrer
Linie zu sichern.) Galadriel ist bereits verheiratet, Lobelia war
ebenfalls verheiratet. Doch dafür gibt es noch Théoden und
Denethor, die beide verheiratet waren und nicht noch einmal
heirateten, obwohl sie die Herrscher eines Landes waren. (Hatten
ziemliches Glück, dass sie beide Söhne hatten, schätze ich...)
Legolas und Gimli bleiben ebenfalls unverheiratet. Gut, Tolkien lebte
in einer anderen Zeit, wo das Bild von Éowyn ja schon mit sehr viel
Kritik bedacht wurde. „Frauen gehören nicht in den Krieg, Frauen
haben zu Hause zu bleiben und sich um die Kinder zu kümmern.“ Und
Éowyn „versteht endlich“ am Ende, dass sie ihr Schwert
niederlegen und Heilerin, bzw. Fürstin werden möchte. Weil das ja
ein Skandal wäre, wenn sie einfach ungebunden herumziehen würde und
*gasp* sie ist nicht verheiratet und läuft in Männerkleidung herum,
während sie Orks abschlachtet und irgendjemand muss sich doch
endlich mal um dieses verrückte Weib kümmern und züchtigen!
Verheiratet es schnellstmöglich, sie ist eine Frau, die muss
verheiratet werden! ._. (Ich hatte schon einmal Gríma darüber
reflektieren lassen, was wohl gewesen wäre, wenn Éowyn letzten
Endes tatsächlich Königin über Rohan geworden wäre, weil es hätte
sein können, dass Théoden und Éomer in der Schlacht um Helms Klamm
fallen. Éowyn hätte heiraten müssen, um einen Erben auf den
Thron zu setzen, und ich wage zu behaupten, dass ihr der Gedanke so
gar nicht gefallen hätte.)
Wie ich schon sagte; Tolkien lebte in
einer etwas anderen Zeit und war schließlich selbst sehr christlich.
Da passt eine alleinstehende Frau vielleicht nicht mit hinein. (Auf
der anderen Seite möchte ich natürlich „Haleth?“ *hust*,
„Lobelia?“ fragen. Aber gut. Ich sagte bereits, dass Tolkien
eines der besseren Beispiele ist.)
Um es kurz zu fassen – mich stört es
nicht unbedingt, wenn am Ende alle auf einmal heiraten. Es sollte nur
Sinn machen und logisch sein, und die einzelnen Paare sollten doch
bitte mehr Kontakt gehabt haben als nur das kurze „oh, ich habe
dich in einer Vision gesehen, du musst mein Traumpartner sein, auch,
wenn wir eigentlich überhaupt nichts gemeinsam haben und auch nicht
die gleichen Ziele. Komm, lass uns heiraten.“
Beim Lesen solcher Geschichten
überkommt einen so ein merkwürdig schales Gefühl, und man fragt
sich unwillkürlich, ob der Autor der Meinung ist, dass man nur mit
einer Heirat wirklich glücklich sein kann. Als ob es das größte
Ziel im Leben wäre, zu heiraten und Kinder zu bekommen.
Es gibt Leute, die sind aromantisch
und/oder wollen ganz einfach nicht heiraten und sind zufrieden damit.
Es gibt Leute, die merken, dass sie sehr gut allein leben können. Es
gibt Leute, denen ist es genug, einige enge Freunde zu haben.
Und ebenso gibt es Charaktere, zu denen
es ganz einfach nicht passt, wenn sie am Ende des Buches vollkommen
unerwartet mit dem anderen Geschlecht vom Autor mit den Worten „So.
Heiratet. Habt euch lieb.“ zusammen geklatscht werden. (Doch manche
Autoren geben auch dem Druck ihrer Fans nach, ohne auf ihre
Charaktere zu schauen oder auf ihren eigenen Plan. Das ist äußerst schade.)
Vor Allem bei Frauen bringt das
unbewusst immer wieder die Nachricht herüber: „Eine Frau kann
ohne Mann gar nicht glücklich werden.“ Kann sie wohl. Eine Frau
kann auch mit einer Frau glücklich werden, und ein Mann mit einem
Mann. Oder beide Geschlechter gar allein. Alle Charaktere haben einen gewissen Wesenszug, und der sollte respektiert werden.
Ich sage, dass man damit jedoch auch
sehr vorsichtig sein muss. Gleich in das Gegenteil umzuschlagen und
alle Frauen Amazonen werden zu lassen, die sich von keinem Mann etwas
sagen lassen, den Kontakt mit Männern scheuen und nach dem Motto
„Alle Frauen sind frei“ leben, ist auch nicht der richtige Weg.
Dann nämlich fragt sich der Leser irgendwann: „Äh... und wie soll
das mit der Fortpflanzung klappen? Dank euch wird die menschliche
Rasse aussterben.“
Das ist ähnlich wie Tim Burtons „Alice
im Wunderland“. Ich mag den Film mehr oder weniger für seine
Bilder, ich mag den Hutmacher und die Grinsekatze und den
Bandersnatch und Absolem (und – natürlich – den Jabberwocky,
oder eher, seine Stimme), und Alice am Anfang. Jedoch verliert sich
diese Sympathie mehr und mehr im Laufe des Films, und vor Allem am
Ende. Am Ende kommt Alice nämlich wieder in die ihr unangenehme
Situation der bevorstehenden Heirat/Verlobung zurück, hat jedoch
Selbstbewusstsein gesammelt und... macht damit die gesamte
Gesellschaft lächerlich? Hätte es keinen Weg gegeben, das Ganze
vielleicht ein bisschen mehr diskret zu behandeln und trotzdem nichts
von ihrem neu gewonnenen Vertrauen zu verschwenden? *seufz*
(Positives Gegenbeispiel dazu: Sapkowkis Zauberinnen. Aber gut, die
sind meist auch älter als 18 Jahre.)
Am besten wäre es natürlich, ein
gesundes Mittelmaß zu finden (und seine Charaktere gut
kennenzulernen), aber das kann manchmal schwierig sein.
(Ich bin, um ehrlich zu sein, nicht recht zufrieden mit dem Beitrag, weil ich beinahe finde, dass ich zu Vieles nur angeschnitten habe und nicht genauer ausgeführt. Wahrscheinlich, weil ich eigentlich viel lieber über Individuen lese als über reine "Pärchen". Von daher wird dieser Beitag womöglich noch einmal überarbeitet werden.)
(Ich bin, um ehrlich zu sein, nicht recht zufrieden mit dem Beitrag, weil ich beinahe finde, dass ich zu Vieles nur angeschnitten habe und nicht genauer ausgeführt. Wahrscheinlich, weil ich eigentlich viel lieber über Individuen lese als über reine "Pärchen". Von daher wird dieser Beitag womöglich noch einmal überarbeitet werden.)
Vielen Dank für diesen Beitrag! Ich finde ihn gut, warum solltest du noch etwas verändern? O.o
AntwortenLöschenBei Harry Potter hat mich das tatsächlich auch die Augen verdrehen lassen. Zum einen bei Harry & Ginny, weil ich Ginny nicht mochte und zum anderen bei Tonks & Lupin, weil die meiner Meinung nach so gar nicht zusammengepasst haben. Da hätte ich ihr sogar Sirius/Remus noch eher abgekauft.
Bei "Faramir heiratet stellvertretend für Boromir" musste ich so lachen. XD Und natürlich habe ich auch bei Haleths Erwähnung sehr grinsen müssen. Ach, was bin ich stolz auf Tolkien, dass er sie erfunden hat. ^^
Ich hätte wirklich gern gelesen, was geschehen wäre, wenn Éowyn Königin geworden wäre! Hoffentlich schreibt das mal jemand aus!
Ansonsten kann ich dir nur in sämtlichen Punkten zustimmen und jedes Mal eifrig nicken. Wobei mir beim Lesen gleich noch ein neues Phänomen eingefallen ist, was den Überbeschützerinstinkt des Autoren gegenüber seinen Figuren und dieses "ich kann die beste Freundin doch nicht unglücklich bleiben lassen" angeht. Man könnte es vielleicht "happy surviving" nennen und Christopher Paolini ist mein Lieblingsbeispiel. Er bringt es einfach nicht übers Herz, wichtige Figuren über die Klinge springen zu lassen. Selbst so jemanden wie Murtagh, der schon vier Bücher lang eine Zielscheibe auf der Stirn hatte, hat er davonkommen lassen. Aber das führt hier jetzt am Thema vorbei.
Vielen Dank für diesen tollen Text und ich hoffe, du setzt auch die anderen noch um!
Liebe Grüße
Sulime