Dienstag, 21. August 2018

Schattenworte, Part 1

Und hier tatsächlich mal eine 2013 angefangene Geschichte - auf Wunsch einer Leserin, da der ganze Prolog aus der Sicht Éomers Éadigs ist, als König von Rohan.
Die Geschichte ist sehr grob von dem Roman "Der Schatten des Windes" inspiriert, und... nun, ich hatte damals wenig Ahnung von manchen Namen. Der geheimnisvolle Name Cenwulf sollte natürlich eigentlich, wie ich jetzt weiß, Frána lauten. ^^
Ich wünsche viel Vergnügen beim Lesen!
P.S.: Habe ich schon einmal erwähnt, dass ich die Reaktion Blogspots zu jeglichen Sonderzeichen hasse?

Inhalt: Dem Fürstenpaar von Ithilien fällt durch Zufall ein geheimnisvolles Schriftstück in die Hände. Bald jedoch stellt sich heraus, dass das Schriftstück eine blutige, gefährliche Vergangenheit hat, und so macht sich das Fürstenpaar auf, um das Rätsel zu lösen... 


 



Hauptpersonen: Éowyn, Faramir, Hráláf (OC), Éomer

Warnungen: OC

Anmerkungen: Dies hier ist eine vollkommen neue Geschichte und hat nichts mit „Gefangen in Ithilien“ oder „Der Schatten einer weißen Rose“ zu tun, noch mit „Und der Krähen ferner Flug“ oder „Denn Worte sind Macht“.
Und ja, mal wieder Faramir und Éowyn. Ich habe die Beiden zu lange gemieden (oder eher, keine Ideen gehabt), und da freue ich mich umso mehr, dass sie nun wieder da sind. *g*

Die Geschichte spielt zeitlich im Jahre 3028; also im neunten Jahr des Vierten Zeitalters. (Nach Auenland-Zeitrechnung das siebte Jahr.)



Schattenworte





Prolog


König Éomer, Herr der Riddermark, senkte nachdenklich den Blick auf das Pergamentblatt, welches er in der Hand hielt. Es war ein Brief, und die Frau, die ihn gefunden hatte, stand vor ihm und blickte ihn erwartungsvoll an.
Insgeheim schüttelte er den Kopf. Die Eorlingu war zu ihm gekommen, da sie in einer Truhe in ihrem Hause diesen Brief gefunden hatte, und ihrer Überzeugung nach handelte es sich bei dem Brief um eine verloren gegangene Verwandtschaft, und man müsse diese finden. Normalerweise hätte sie mit ihrem Anliegen nicht gleich zum König kommen brauchen (und dieser war ihr vor allen Dingen nicht zur Hilfe verpflichtet), doch stammte sie aus dem reichen Fürstenhaus der Ostfold. Und da weithin bekannt war, dass der Vater König Éomers der Fürst der Ostfold gewesen war, so erwartete man von ihm, dass die Ostfold bei ihm an erster Stelle stand.
Théoden war ihm ein guter Lehrer gewesen, und auch Éomund hatte ihm gezeigt, dass man sich vor Allem um die Heimat kümmern musste und um das Wohl des Volkes.
Und doch, durfte ein König denn nicht sagen, dass es eine unsinnige Aufgabe war, nach einer Verwandtschaft zu suchen, von dessen Verbleib man einzig und allein einen Brief hatte, der dem Datum nach 49 Jahre alt war? Der Brief war anscheinend vertraulich gewesen, denn einzig der Name des Absenders stand unten auf der Seite. Womöglich war der Brief von einem Vertrauten oder gar dem Absender selbst überbracht worden.
Éomer seufzte. Cenwulf war der Name, wenn er ihn richtig entziffert hatte, und dessen sicher war er sich nicht. Die Schrift an sich war zwar leserlich, etwas verblasst, doch es waren meist die Unterzeichnungen, die schwer zu lesen waren. Dies hatte er bereits oft an Briefen bemerken müssen.
Zum Glück hatte er seine Gemahlin Lothíriel, die im Umgang mit der Schrift besser war als er. Sie war schließlich in Dol Amroth aufgewachsen, einer der wohlhabenden Städte Gondors, und so hatte sie von klein auf den Umgang mit Papier, Tinte, Feder und Worten erlernt, während Éomer eher das Schwert als die Feder ergriffen hatte.
Der König blickte kurz zu der Frau in dem edlen Kleid, deren Blick ungeduldig im Raum umherschweifte. Anscheinend dauerte ihr sein zweites Durchlesen zu lange. Er gestand sich selbst ein, dass er ein zweimaliges Durchlesen verlangt hatte, um beim zweiten Male über seine Entscheidung nachzudenken.
Wieder schüttelte er in seinen Gedanken den Kopf. Der Name Cenwulf war wahrscheinlich nicht gerade selten in der Mark, und es würde schwierig werden, diesen Mann zu finden.
Er holte tief Luft, dann sprach er die Frau an. „Frau Prūdwen, wenn Ihr es erlaubt, werde ich den Brief bei mir behalten, um ihn von meinen Schreibern kopieren und aussenden zu lassen“, erklärte er. „Ich bin mir sicher, dass wir Euren Verwandten finden werden.“
Die Frau nickte. „Tut, was nötig ist, mín cyning“, sagte sie. „Wann darf ich Eure Antwort erwarten?“
„Dies ist ungewiss. Der Schreiber des Briefes hat nicht gesagt, wohin genau er gegangen ist; meine Reiter werden großflächige Bereiche absuchen müssen. Ich werde Euch benachrichtigen, wenn wir näheres herausgefunden haben.“
Frau Prūdwen nickte. „Ich danke Euch für Eure Hilfsbereitschaft, mín cyning“, sagte sie mit gesenkter Stimme, und für einen Moment klang sie sogar, als ob sie ein schlechtes Gewissen habe. Auf ein Nicken des Königs hin verstand sie, dass sie entlassen war, und sie verbeugte sich und verließ den Raum.

Kaum hatte sie die Tür hinter sich geschlossen, stützte Éomer müde den Kopf in die Hand. Frau Prūdwen würde von den Männern, die er vor der Tür gelassen hatte, zum Ausgang der Halle begleitet werden. Sie hatte sich, entgegen seiner Befürchtungen, ein Zimmer in dem nächstgelegenen Gasthof genommen.
Ein wenig fragte er sich, weshalb er nicht seine Ratgeber mit dieser Frau hatte verhandeln lassen. Sie waren mehr als fähig dazu, und manche von ihnen hätten sie möglicherweise besser abwimmeln können als er selbst. Danach hätten sie ihm von dem Gespräch erzählt und ihm vorgeschlagen, was sie zu tun gedachten und seine Überlegungen abgewartet.
Er jedoch hatte sich selbst der Frau und ihrer Bitte angenommen, da er seine Berater nicht mehr als nötig belasten wollte. Sie hatten schon so viel zu tun, und er nahm Rücksicht auf seine Männer.
Es klopfte leise, und eine seiner Wachen erschien. „Mein Herr; Frau Prūdwen hat die Hallen verlassen.“ In den Händen hielt er einen hohen Krug mit verdünntem Wein, den er auf den Tisch neben den leeren Kelch des Königs stellte.
Éomer nickte ihm zum Dank zu, und der Mann neigte den Kopf, ehe er ging. Seufzend schenkte der König sich den neuen Wein ein und roch kurz daran, ehe er einen tiefen Schluck nahm.
Sein Blick glitt in die Luft, während er die herbe Süße des Weines schmeckte.
Bittersüß.
Schlechtes Gewissen nagte an ihm, und er blickte düster an die Wand. Er wusste, dass er sich mit diesen Ausreden selbst etwas vorspielte. Es war nicht, weil er seinen Beratern etwas ihrer Arbeit abnehmen wollte; noch war es, weil er sich um ihr Wohl sorgte, dass er selbst den Auftrag der Frau Prūdwen angenommen hatte.
Er misstraute ihnen.
Neun Jahre war es nun her, seit er überraschend den Thron bestiegen hatte, und doch schreckte er in manchen Nächten immer noch mit dem gleichen Gefühl wie damals auf; der gleichen Sorge, der gleichen Angst.
Schwester!
In der Dunkelheit glaubte er, blasse Schatten zu sehen, bis er die regelmäßigen Atemzüge seiner Gemahlin an seiner Seite vernahm und sich beruhigte. Es ging ihm gut. Die Vergangenheit ruhte und war vergessen.
Niemand würde seiner Familie jemals wieder Schaden zufügen.

Wieder klopfte es leise an die Tür, und Éomer blickte auf, um eine hochgewachsene, schlanke Gestalt zu sehen, die durch die Tür zu ihm trat.
„Éomer! Ich habe auf dich gewartet!“ Die sanfte Stimme Lothíriels ließ ihn lächeln, und er erhob sich, um seine Gemahlin in die Arme zu schließen. „Wo warst du so lange? Frau Prūdwen ist schon vor einer Weile gegangen.“
„Ich war in Gedanken“, murmelte er in ihr dunkles Haar hinein. „Sie hat einen Brief dagelassen, den ich...“
Lothíriel legte ihm den Finger auf die Lippen und lächelte verschmitzt. „Das kann warten, baramegli nîn. Vorerst wird ein gewisser kleiner Pferdeherr darauf bestehen, eine Gutenachtgeschichte von seinem Vater zu hören.“
Éomer erwiderte das Lächeln und küsste sie. „Dann wird der Vater sich wohl auf den Weg machen müssen, ehe der kleine Pferdeherr noch irgendeinen Unsinn anstellt.“
Und gemeinsam verließen sie das Zimmer, und für den Moment war der Brief auf dem Tisch vergessen. Ihre Schritte entfernten sich, während der Brief allein im Licht der Kerze lag und geduldig auf die Rückkehr des Königs wartete.



23. April, Jahr 2979 des Dritten Zeitalters

Liebste Schwester,

ich werde nicht mehr lange hierbleiben. Wie du sicherlich weißt, hat mich noch nie viel an meiner Heimstatt gehalten, denn das Leben hier ist – gelinde gesagt – eine Qual.
Vater habe ich von meinen Plänen noch nichts erzählt, und ich bin mir noch nicht sicher, ob ich dies überhaupt tun werde. Er wird sie sicherlich nicht gutheißen, so, wie ich ihn kenne. Er will mich bei sich behalten, damit er mich kontrollieren möge, doch ich werde mich nicht von ihm kontrollieren lassen. Ich habe einen eigenen Willen, und mein Herz sagt mir, dass ich von diesem Ort fort muss, ehe er noch meine Gedanken vollkommen vergiftet mit seinen Heucheleien und kleinen Lügen. Ich fühle mich jetzt schon ganz krank davon.
Ich weiß, dass du meinen Wunsch verstehst und unterstützt, und ich danke dir für all die Hilfe, die du mir in den letzten Jahren hast zukommen lassen. Mögen es auch nur die geschriebenen Worte auf einem Blatt Pergament gewesen sein; mir haben sie mehr Hilfe und Rat gegeben, als Vater es jemals hätte tun können.
Ich werde dir nicht schreiben, wohin ich zu gehen gedenke, denn zu groß ist die Gefahr, dass der Brief womöglich in die falschen Hände gerät. So viel lass dir gesagt sein: Ich werde nach Südosten gehen, fort aus der Westfold. Das ist das Einzige, was ich dir zukommen lasse.
Doch sei unbesorgt: Ich werde Wege finden, dir Nachrichten zu schicken.

Ferthu hál, Schwester. Meine Gedanken werden bei dir sein, wenn ich aufbreche.

Cenwulf




tbc...

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Falls jemand fragt - nein, ich weiß nicht mehr, was baramegli nîn bedeutet. Meine Assoziation sagt etwas Ähnliches wie Honigbär, ich bin mir aber nicht sicher.
Ich gebe zu, ich mag den Gedanken, dass Gríma immer noch einen solchen Schatten auf das Königshaus wirft, aber es ist fraglich, inwieweit das logisch ist, nach neun Jahren. Das ist eine verdammt lange Zeit; ich kann mir vorstellen, dass Éomer am Anfang seinen Ratgebern gegenüber vielleicht etwas vorsichtig und skeptisch war, weil er weiß, wie leicht Macht korrumpiert, aber eigentlich dürfte das jetzt nicht mehr der Fall sein. Oh well.

2 Kommentare:

  1. Vielen Dank für das Hochladen dieses Kapitels!
    Ich mag deine Charakterisierung von Éomer, auch wenn sie sich in ein paar Punkten von meiner zu unterscheiden scheint. Besonders spannend fand ich das Auftreten der Alpträume, in denen er sich an einen gewissen Ratgeber erinnert, der seiner Schwester nachstellte. Normalerweise ist es ja Éowyn, die von der Vergangenheit verfolgt wird und nicht Éomer, somit hast du hier einen interessanten Kontrast geschaffen.
    Die kleine Szene mit Lothíriel hat mir auch gut gefallen, gern mehr davon. ^^
    Auch Prudwen ist ein interessanter Charakter. Du erwähnst, dass sie aus einer adligen Familie in der Ostfold stammt, allerdings spricht Cenwulf in dem Brief von der Westfold, wie also ist der Brief in den Osten gelangt? Wo befindet sich Cenwulfs Schwester? Wäre es Prudwen selbst, müsste sie sich ja an ihren Bruder erinnern. Und wenn Cenwulf in der Westfold aufgewachsen ist, was hat er dann wohl zum späteren Schicksal seiner Heimat gesagt?
    Ich weiß nicht, ob das tbc in diesem Kontext bedeutet, dass du planst, weitere Teile der Geschichte zu veröffentlichen, aber ich würde mich darüber freuen. :)
    LG
    Sulime

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    1. Gerne doch; ich freue mich über die Rückmeldung.
      Ich war zu dem Zeitpunkt sehr von der Filmversion beeinflusst, und Éomer war, obwohl ich ihn mochte, nie der Charakter, auf dem mein Hauptaugenmerk lag. (Zu viele... ambivalente Gefühle.)
      Ich war selbst ein wenig überrascht, dass Éomer hier Albträume hat, aber je mehr ich darüber nachdenke, umso mehr mag ich den Gedanken. Auch Éomer hat in dieser Zeit gelitten, hat seinen Vetter verloren, musste immer wieder die Hallen mehr oder weniger schutzlos zurücklassen, wenn er ausritt, um die Orks an den Grenzen zu bekämpfen… ich ärgere mich ein wenig, dass seine Furcht hier wieder so sehr auf Éowyn gemünzt ist, denn er sollte ebenso große Sorge um Théodred, um seinen Onkel haben. Außerdem – ja, Gríma mag Éowyn gestalkt haben, aber unwillkommenes Begehren gibt ihr nicht das alleinige Recht auf Traumata. (Obwohl die ides natürlich auch ihr ganz eigenes Trauma hat, wie das nächste Kapitel zeigen wird.)
      Freut mich, dass die kleine Szene mit Lothíriel dir gefallen hat. ^^
      Gute Frage, wie der Brief von der West- in die Ostfold gelangt ist. Ich weiß noch, dass ich mir selbst wenig Gedanken darüber gemacht hatte, aber womöglich hat es mit den Unruhen, die vom Nebelgebirge und daraus resultierenden flüchtenden Bewohnern zu tun? Ich spekuliere. *shrugs*
      Oh nein, Prudwen selbst ist es nicht. :D Ich wage zu behaupten, dass die früher nach dem Verbleib ihres Bruders gefragt hätte und wohl jetzt eher den Mund halten würde, wenn man bedenkt, was ihr Bruder der Mark angetan hat. Auf der anderen Seite hat er ja in der Zwischenzeit zwei neue Namen bekommen, unter denen er bekannter ist; vielleicht weiß sie es auch ganz einfach nicht.
      Gute Frage – laut Headcanon stammt Frána meist aus der Westfold (ja, die Nähe zur Pforte von Rohan ist convenient und aus genau dem Grund gewählt), aber ich habe mir nie Gedanken gemacht, was er zur Zerstörung der Westfold gedacht hat. Fakt ist, dass er auch hier kein gutes Verhältnis mit seinem Vater hatte; das ganze kann vielleicht als gerechte Rache gesehen werden. Solange keine casualties wie Céne dabei herauskommen…
      Ja, es gibt tatsächlich noch ein Kapitel, welches voraussichtlich nächste Woche kommt.
      Vielen lieben Dank für deinen Kommentar! :)
      lg Thainwyn

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