Samstag, 24. Februar 2018

Schachspiel

Ursprünglich lautete der Arbeitstitel von diesem OS "Schachspiel-hexenverfolgung", und es war eigentlich geplant, dass irgendwann eine Mary-Sue im Übungskampf mit Legolas vorbeiwirbeln sollte, die von den beiden Protagonisten beobachtet und trocken kommentiert wird, ehe sie sich wieder sich selbst zuwenden. Dazu kam es aber nicht, da der OS schnell einen zu ernsten Hintergrund bekam, alsdass ich einen solchen Lächerlichkeitsmoment mit hätte einbauen können. Hätte vielleicht gerade deshalb besser gewirkt, aber... nun.

Der Inhalt: Bei einem Schachspiel geht es nicht nur darum, den gegnerischen König zu stürzen und den Eigenen zu beschützen - es geht darum, einen Überblick über die eigenen Figuren zu haben, die Vor- und Nachteile jedes Mitstreiters zu kennen und klug einzusetzen. Es geht darum, seine eigenen Figuren zu opfern und diese sorgsam zu wählen.




Ein Reiter, stolz aufgerichtet und ganz in Weiß gekleidet, ritt über ein großes Schlachtfeld. Vor ihm warteten die dunklen Horden, und in der Ferne ragten die zwei dunklen Türe empor. Der Wind zerrte an seinem Umhang, das Gras war blutgetränkt.
Vor ihm rannte ein Geschöpf der gegnerischen Heeres, eine Sense schwingend, auf ihn zu und schrie Herausforderungen in seiner dunklen Sprache.
Der weißgewandete Reiter machte einen mächtigen Satz und schlug die Kreatur mit einem einzigen Hieb nieder. Blut befleckte seine Klinge, als er sie triumphierend in die Höhe reckte, eine Herausforderung gegen das dunkle Herrscherpaar schreiend, welches auf einem Hügel thronte und noch unberührt der Schlacht zusah.
Ein weiterer Bauer kam in seine Reichweite, und der Reiter trieb sein Pferd an und schlug auch ihn nieder. Schwarzes Blut zog eine lange Spur in der Luft, als er das Schwert zu sich riss, und sein treues Pferd wieherte.
Hinter ihm wurde der Ruf von seinen eigenen Truppen beantwortet, und sie alle schrien gemeinsam eine Herausforderung. Sie würden ihr Volk befreien und siegreich sein, Ruhm erlangen, für Herr und Land!


„Ihr träumt wieder, ides.
Die sanfte, leise Stimme riss sie aus ihrer Betrachtung der grünen Ebene heraus, auf der sie für einen Moment tatsächlich die Bilder der Schlacht vor sich gesehen hatte. Eine warme Brise wehte heran und spielte mit ihrem Reitkleid, mit ihrem goldblondem Haar, und ihre grauen Augen verengten sich leicht, als sie den scharfen Blick auf ihr Gegenüber richtete.
„Ich habe über meinen nächsten Zug nachgedacht, Herr héahwita“, widersprach sie, obgleich sie nicht verhindern konnten, dass sich ihre Wangen röteten.
Er lächelte nur aufgrund ihrer Worte und setzte seinen dunklen Läufer drei Felder auf dem schwarz-weißen Brett vor.
Sie nahm ihren zweiten Springer und schlug seinen Läufer, und sie konnte nicht umhin, ein wenig Triumph zu verspüren.
„Ihr benutzt Euren Springer zu viel“, bemerkte er, die Stirn gerunzelt, wie sie stolz sah.
Ihr Zug hatte ihn überrascht; er hatte nicht erwartet, dass sie so schnell so viele seiner Truppen in den Tod stürzen würde.
Der Ratgeber behielt die Stirn gerunzelt, als er über seinen nächsten Zug überlegte und schließlich einen erneuten Bauern ihrem Schwert opferte. Er lächelte nicht mehr, sein Gesicht war ernst, während er auf das Brett starrte.
Für einen Moment schwebte seine Hand über seinem König, dann jedoch rückte sein Springer vor.
Sie sah, dass er zögerte, dass er unsicher war, und innerlich triumphierte sie. Ich bin nicht so unwissend, wie Ihr glaubt! Ich habe einiges Wissen darüber, wie man eine Schlacht führt!

Ihr weißer Läufer lief über das Feld, und sie sah, wie er leicht den Kopf schüttelte.
„Das war unklug, Herrin.“
Ihre Augen blitzten. „Weshalb?“ fragte sie herausfordernd. „Ich bedränge Euren König, und Ihr sagt, dass mein Zug unklug war?“
„In einer Schlacht muss man den Überblick behalten“, erwiderte er. „Es nützt einem nichts, wenn man auf den Angriff drängt, aber den Überblick über seine eigenen Truppen verliert.“
„Ich habe nicht -“
Doch er wies auf das Spielfeld, und zu ihrem Schrecken sah sie, wie sein Turm in ihre eigenen Reihen gedrungen war und nun dort unheilverkündend stand. Er stand in einer Position, in der er ihr zwar nichts tun konnte, doch sie konnte ihn ebenso wenig schlagen.
Wann hatte er dies getan? Wann hatte er seinen Turm dorthin gezogen? Sie hatte ihn nicht bemerkt; hatte sich zu sehr auf den Angriff konzentriert.
Vorsichtshalber zog sie ihren König außerhalb seiner Reichweite, bis sie ein Zucken seiner Mundwinkel sah und bemerkte, dass dort auch eine seiner Figuren stand; sein zweiter Läufer.
Sie war eingekesselt, ahnungslos in eine vorbereitete Falle gelaufen, die sie nicht gesehen hatte.
Mit einem Schnauben ließ sie ihren König dort, wo er war und setzte stattdessen ihre Dame zum Schutz ein.
„Ihr habt mich mutwillig abgelenkt!“, klagte sie ihn an, als er den Kopf leicht schräg neigte und interessiert das nun veränderte Feld betrachtete. „Zudem hatte ich nicht dies hier im Sinn, als Onkel mir sagte, ich solle lernen, wie man eine Schlacht schlägt.“
Ein Lächeln zuckte um blasse Mundwinkel. „Dies hier“, sagte er leise und wies mit der Hand auf das bemalte Brett zwischen ihnen, auf dem die weißen und schwarzen Figuren standen, „ist genauso wichtig für den Verlauf einer Schlacht wie das Wissen, ein Schwert richtig zu führen. Ihr solltet aufmerksam bleiben; selbst, wenn es Euch schwer fallen mag. Später werdet Ihr einmal dankbar dafür sein.“
Sie runzelte die Stirn. „Für ein Schachspiel?“ fragte sie verwundert, und er neigte leicht den Kopf.
„Für die Strategie, die dahinter steht. Wenn Ihr einmal Männer in die Schlacht führen solltet, dann müsst Ihr wissen, wie Ihr vorgehen wollt. Es nützt nichts, wenn Ihr zwar allein sehr viele Feinde in den Tod reißen könnt, die Reihen hinter Euch jedoch ungeordnet sind und beim ersten Aufprall auseinanderbrechen.“
Sie sank auf ihrem Stuhl ein wenig zusammen, senkte den Kopf. „Ich werde niemals Männer in die Schlacht führen“, sagte sie bitter. „Ich bin eine Frau. Frauen führen keine Männer in die Schlacht.“
„Dennoch kann eine Frau wertvollen Rat geben, wenn sie in solcher Angelegenheit geschult ist.“
Rat!“ wiederholte sie und schnaubte. „Eure Berufung in Ehren, Herr héahwita, doch ich werde nicht stumm dasitzen und zuschauen, wenn Feinde es wagen sollten, sich vor unserer Tür niederzulassen!“
Ein dünnes Lächeln erschien in dem blassen, klugen Gesicht. „In diesem Fall mag es für Rat auch bereits zu spät sein“ erwiderte er, „und der einzige Weg wäre tatsächlich, hinauszugehen und zu kämpfen. Doch würdet Ihr tatsächlich in solch einem Fall das Leben Eurer Bevölkerung riskieren, wenn Ihr den Feind bis zu Eurer Haustür marschieren lasst? Denkt an Wulf.“
„Natürlich nicht!“ rief sie empört aus. „Ich würde Reiter ausschicken, um die Grenzen zu überwachen und gegebenenfalls dort schon gegen den Feind zu kämpfen und zurückzutreiben.“
„Ich sehe, der Herr Théodred hat Euch bereits einiges beigebracht“, bemerkte er. „Und was würdet Ihr Euch davon erhoffen?“
Für einen Moment starrte sie ihn ungläubig an, ihren Springer in der Hand. „Was ich mir davon erhoffe?“ fragte sie, während sie einen weiteren von seinen Bauern schlachtete. „Ich erhoffe mir davon den Frieden für mein Volk.“
„Frieden“, wiederholte er, während er auf das Brett starrte und schließlich seinen Turm ein Feld vorzog. „Was ist Frieden für Euch, Herrin, wenn mir diese Frage erlaubt ist?“
„Eine Zeit, in der man nicht befürchten muss, angegriffen zu werden“, antwortete sie prompt. „Wo Mensch und Tier glücklich und zufrieden leben können, und der Gedanke an jegliche Bedrohung fern ist.“
„Ich habe nach Eurer Meinung des Friedens gefragt, ides, nicht nach der allgemeinen Deutung.“


„Zu spät“, sagte er leise, während er seinen Bauern in ihren Reihen bis zum letzten Feld vorzog und ihn vom Brett nahm. Er stellte ihn an die Seite, überlegte für einen Moment und wählte dann seinen vormals geschlagenen Läufer aus, den er wieder auf seine Anfangsposition stellte.
Sie runzelte die Stirn, und er sah ihren Blick.
„In einer Schlacht kann selbst ein unnütz erscheinender Reiter einen große Unterschied machen.“ Er zuckte mit den Schultern. „Natürlich kann man im wirklichen Leben keine Toten wiederbeleben, aber das Bild an sich hat seine Richtigkeit.“
Sie sog tief Luft ein, den Blick wie gebannt auf das Brett gerichtet. „Eine Königin kann sich als Bauer verkleiden“, flüsterte sie, und ein kurzer Schatten wie von Verärgerung schien über sein Gesicht zu huschen.
„In der Tat“, stimmte er leise zu, und eine gewisse Kälte hatte sich in seinen Ton geschlichen, „vorausgesetzt, sie ist vorher bereits erschlagen worden – und sie kann immer noch fallen, ohne etwas zu bewirken. Und die Hinterbliebenen werden sicherlich um sie trauern.“




Für einen Moment starrte sie ungläubig auf das Brett. „Ihr habt mich gewinnen lassen!“ klagte sie ihn an.
„Natürlich“, erwiderte er, und dies fachte ihren Zorn noch mehr an.
„Ihr solltet mich nicht verschonen!“
„Wie Ihr wünscht. Ich werde Euch nicht verschonen, weder jetzt noch in Zukunft.“



A/N: Natürlich ist Grímas letzte Andeutung dunkler, als die ides zu diesem Zeitpunkt ahnt. Und außerdem ist er verärgert, dass er ihr unbeabsichtigt die Idee zu Dernhelm gab. ^^

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen