Sonntag, 15. Januar 2017

Aschenklingensplitter, Teil 1

(Spoilerwarnung für Kapitel 2, bzw. Abschnitt IV - VI von "Aschenklinge".)

Ich weiß nicht, ob ich schon einmal einen OS geschrieben habe, in dem ich so sehr das Verlangen habe, alle handelnden Protagonisten kräftig zu schütteln und sie anzuknurren, weshalb sie ständig diese ganzen blöden Entscheidungen treffen und ob sie sich klar über die Konsequenzen sind. Und weshalb müssen sie sich denn alle gegenseitig manipulieren? Bei zwei von den vier Charakteren bin ich das ja gewöhnt, aber weshalb die beiden anderen denn auch noch? D:

Ich hasse das Plotbunny, welches mir diese Idee in den Kopf gesetzt hat. (Nicht wirklich; es ist toll, wenn Figuren einfach leben.)
Ein Metagespräch würde sicherlich lustig werden. Ich würde ihnen allen nacheinander ihre Fehler aufzählen und ihre Kurzsichtigkeit betonen, bis wahrscheinlich einer von ihnen mit kühler Stimme anmerken würde, dass ich schließlich die Autorin sei und somit eigentlich an allem Schuld, weil ich ja erst die Idee zu dem Ganzen gehabt hätte.



Gerade sitze ich an einer Schwierigkeit, weil ich Argumente finden muss, die Théodred als ungeeignet für das Amt des König in der Abwesenheit Théodens darstellen würden. Ich finde keine.
Mittlerweile fallen mir sehr viele (mehr oder weniger) gute Argumente ein, weshalb Éomer im Jahr 3017 zum Dritten Marschall der Mark erhoben wurde (sein Sitz wäre Aldburg, und damit wäre er womöglich endlich nicht mehr in der Nähe des Königs), aber weshalb fallen mir keine Argumente gegen Théodred ein?
Natürlich könnte ich sagen, dass Théodred zu jung ist, selbst als einfacher Stellvertreter für nur kurze Zeit die Krone zu übernehmen, aber er ist zu diesem Zeitpunkt 30 Jahre alt, und Théoden war 32 Jahre, als er König wurde.
Ich habe sogar mittlerweile ein gutes, schön Gondor-zentriertes Argument gegen Théoden, der es sich irgendwie ungeplant in den Kopf gesetzt hat, selbst zu Saruman zu reiten. (Er ist König und Erster Marschall, und selbst, wenn er im Gegensatz zum damaligen König von Gondor über Erben verfügt – will er wirklich wie Earnur enden? Wir wissen nichts über Saruman; sollten wir nicht lieber sein Angebot annehmen und erst einen Vertreter zu ihm senden, ehe er auf die Idee kommt, den König als Geisel zu nehmen? Und Frána, höre bitte auf, dich so begeistert freiwillig melden zu wollen, du hast dazu keinen Grund mehr. Nicht mit dem Zustand, in dem Céne ist.)



Ärgerlich laufe ich in meinem Zimmer auf und ab und fahre mir mit der Hand durch die Haare. „Wie konnte das passieren?“ murmele ich entnervt vor mich hin. „Théoden war angemessen schwach und müde, und auf einmal... rebelliert er! Ich meine, er... er kann das doch nicht machen, das war nicht geplant!
Ich werfe meinem Laptop einen kurzen, verzweifelten Blick zu, gehe mit einem Seufzen wieder zu meinem Stuhl und setze mich, scrolle, um den Anfang der Textstelle wiederzufinden.
Ja... Théoden sagt, dass Saruman womöglich existiert. Okay, er ist noch ziemlich zurückhaltend und angestrengt; hört den anderen eher zu, als dass er selbst spricht. Gut. Ich bin mir etwas unsicher, mag aber zu sehr die Ironie, dass Théoden seinen eigenen „Untergang“ herbeiführt haben könnte. Stimmt womöglich nicht mit dem Canon überein, aber hey, es ist fanfiktion. Und ich mag Ironie.
Das Nächste: Théoden schickt Saruman eine Botschaft. Auch gut, er ist da sehr schwach und müde und stimmt eher zu, als abzulehnen. Er denkt natürlich drüber nach, aber er ist immer noch sehr zermürbt. Ja, passt.
Théoden erhält eine Antwort und sagt, er selbst wird nach Isengard reiten, um der Einladung nachzu... aha. Da ist es.
Wo kommt auf einmal diese Energie her? Wie kommt es, dass Fránas Worte so sehr nach hinten losgingen? Ja, Frána hat Théoden natürlich vorher mit seiner kleinen Rede manipuliert, aber der König hat dies doch als ehrliche Worte aufgefasst, oder?
Ich habe Pflichten, die ich wahrnehmen muss und vor denen ich nicht zurückschrecken darf. Gerade in solch einer Zeit kann ich weder Euch noch die Bevölkerung im Stich lassen.
Ich dachte, dass Théoden dies als ehrliche Besorgnis auffasste, ich war mir sicher, dass der König diese Manipulation nicht durchschauen würde, und auf einmal richtet er genau diese Worte gegen Frána, damit dieser tut, was er sagt? Auf einmal entwickelt Théoden ein Eigenleben und argumentiert lebhaft mit seinen Ratgebern, anstatt nur stumm zuzuhören, wie er es vorher tat?
Das war nicht geplant und macht zudem alles viel komplizierter!

Eigentlich sollte ich mich nicht beschweren; Théoden nimmt mir die Aufgabe ab, darüber nachzugrübeln, wie ich Frána zu Saruman schaffen kann. Und es fügt auch noch mehr Konflikt hinzu; schließlich kann Frána nicht die ganze Zeit in seinem Groll gegenüber Théoden versunken sein. Es würde vielleicht sogar dazu beitragen, seinen Ärger zu verstärken, weil Théoden ihn gerade jetzt fortschicken möchte. Auch eine schöne Lektion für Frána, der merkt, dass er mit seiner Rede eben doch übers Ziel hinausgeschossen ist. (Ja, ich weiß, vorher hat sich Frána noch beinahe halb begeistert freiwillig dafür melden wollen, zu Saruman zu reiten, aber da sind in der Zwischenzeit einige Dinge passiert, die dieses Verlangen gründlich gesenkt haben.)
Und trotzdem. Théoden hat mich unerwartet überrascht; so etwas habe ich wirklich nicht von ihm erwartet. Und ich verstehe nicht ganz, warum er das tut.
(Obwohl ich glaube, dass ich insgeheim doch zumindest Théodens Verlangen, selbst zu reiten, verstehe... er hat immense Schuldgefühle, weil er im Fall Túrlor falsch entschieden und den Tod von Hunderten herbeigeführt hat. Er hat das Gefühl, er ist verantwortlich für all das, was natürlich sehr nett in die späteren Geschehnisse des Ringkrieges mit einfließt.)
Frána hat nichts gemacht, wofür Théoden ihn bestrafen müsste (zumindest noch nicht); er versteht sehr gut seine derzeitige, schwierige Situation und dann... schickt er ihn einfach weg?
Habe ich zu sehr Fránas Blickwinkel gehabt, habe ich Théoden als zu schwach angesehen? Bin ich zu sehr in Fránas Blickwinkel drin, dass ich das automatisch als Strafe ansehe? Ich glaube ja. Ich könnte mir gut vorstellen, dass Théoden ihm helfen möchte.
Es ist schön und gut, dass du wieder in seinem Kopf bist, Thainwyn, aber bitte nicht zu sehr. Lasse dich nicht von Fránas Blickwinkel für andere Möglichkeiten blenden.
Schon erstaunlich, was passiert, wenn man über ein Jahr lang nicht aus der Sicht seines Lieblingscharakters geschrieben hat und zu was für Dingen der dann einen bekommen kann, nur, weil man sich so heimisch fühlt. Ich habe nicht bemerkt, dass er seinen König emotional erpresst hat, bis ich die Stelle später noch einmal gelesen habe, wo mir das auf einmal auffiel.



„Auf der einen Seite würde es eine immense Ehre bedeuten, für den Schatz der Hallen zuständig zu sein...“
Aha, da sehen wir also schon die wahre Motivation, nicht wahr? Dabei sind die „Hälfte der Schätze“ noch nicht einmal im Gespräch. Nein, nein, erstmals bleiben wir bei „Schutz der Hallen“, bitte. Lassen wir ihn noch nicht an Schätze denken, das wird Saruman noch erledigen.
Vor Allem ist es ein wenig erschreckend, dass ich automatisch schon Scha getippt hatte, ehe mir der Fehler aufgefallen ist.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen