Freitag, 26. Februar 2016

Vor den Türen Meduseldes

Meine Hände zittern immer noch ein bisschen, und mein Gesicht ist zu einer Grimasse verzerrt, während ein verzweifeltes Lachen in meiner Kehle gluckst und ich mit den Zähnen knirsche.
Falls ich mal wieder das Bedürfnis haben sollte, wütend zu werden, dann weiß ich zukünftig, wo ich hinschauen muss.

Ich bin im Moment dabei, Mythopoeias Geschichte „Encoivië mi Ambarenya“ zu MSTen, aber keine Sorge – das, was mich so wütend werden lässt, ist glücklicherweise Canon. Oder sollte ich „leider“ sagen?
Es geht hierbei nämlich um die Szene, in der die Gefährten vor den Türen Meduseldes in Edoras stehen und ihre Waffen abgeben müssen. An sich wäre an der Szene nichts schlimm, es ist eine gute Szene, die die Spannung fördert – wäre da nicht die Art und Weise, auf die die Charaktere interagieren. Auf vieles bin ich auch schon im MSTing eingegangen, von daher wird das womöglich doppelt sein.
Fangen wir bei Aragorn an. Aragorn – zukünftiger König von Gondor, normalerweise recht tolerant und gerecht – spielt sich auf einmal auf und möchte nicht von seiner Zweitfrau Andúril weichen. Verstehe ich ja auch ein bisschen, immerhin hat das Schwert eine besondere Bedeutung für ihn.
Dass er jedoch so weit geht um zu sagen, dass er es mit der gesamten Wache von Edoras aufnehmen würde, nur, weil er zu verdammt stolz ist, sich von seinem Schwert zu trennen, ist schon wieder grenzwertig und lässt ihn arrogant erscheinen. Ich meine, hat er, als er das gesagt hat, auch nur eine Sekunde an seine Gefährten gedacht? Hat er an seine zukünftigen Verbündeten gedacht, die er da umbringen will, und das einen Eid vor Gondor abgelegt hat, diesem in Notzeiten Beistand zu leisten? Es ist Théodens Haus, und somit sind das Théodens Regeln, (nun, wahrscheinlich eher Grímas Regeln, aber das nur nebenbei) und man hat sich an diese zu halten. Das ist höflich. Hätte Aragorn so etwas auch bei den Elben gewagt? Sicherlich nicht.
Glücklicherweise schreitet Gandalf ein (der einzige Moment, in dem ich über Gandalf den Weißen hier in der Szene tatsächlich froh bin), und Aragorn besinnt sich – nicht jedoch, ohne vorher noch über die tolle Geschichte des Schwertes zu prahlen und jedem zu verbieten, es anzufassen. Sicherlich hätte er auch liebend gerne verboten, es auch nur anzusehen, aber das wäre schwierig geworden. Außerdem, wie will er das überprüfen, ob jemand das blöde Schwert angefasst hat? Fingerabdrücke nehmen?
Gimli ist mir tatsächlich am sympathischsten in der Szene, da er der Einzige ist, der nicht irgendwie mit seiner Axt angibt und erstmal lang und breit erklärt, woher diese kommt und weshalb man sie nicht anfassen darf – er legt sie neben Andúril auf den Boden und gut ist. Im Gegensatz zu Legolas, der unbedingt erwähnen muss, dass sein Bogen aus Lothlórien kommt und ein Geschenk der Elbenhexe war. -_-

Und dann kommen wir zu Gandalf. Wirklich, ich finde, Láthspell und Sturmkrähe sind noch ziemlich nette Namen, die ihm da gegeben wurden. *seufz* Vorab möchte ich noch sagen, ehe ich mich in meinem Zorn verliere, dass ich Gandalf mag – den Grauen, zumindest. Ich verstehe auch in gewissem Grade, weshalb Gandalf teilweise so unerträglich wird, als er Weiß wird, denn plötzlich liegt die Verantwortung auf ihm und er muss versuchen, das Schicksal von ganz Mittelerde zu schaukeln, fast gänzlich ohne Hilfe – kein Wunder, dass er es immer so eilig hat. Aber kehren wir nach Edoras zurück.
Nun, sie haben all ihre Waffen abgelegt und machen sich auf den Weg zu den Türen, als Háma sie zurückhält und höflich, aber bestimmt nach Gandalfs Stab fragt. Ich zitiere: „Der Wächter zögerte immer noch. ‘Euer Stab‘, sagte er zu Gandalf. ‚Verzeiht mir, aber auch er muss an der Tür bleiben.‘
Und wie reagiert Gandalf, ungeduldig, wie er ist? „Torheit! Vorsicht und Unhöflichkeit sind zweierlei. Ich bin alt und wenn ich mich beim Gehen nicht auf meinen Stab stützen kann, so werde ich hier draußen sitzen bleiben und warten, bis König Théoden persönlich heraus humpelt, um mit mir zu sprechen!
Ich gebe zu, Gandalf hat Stil. Die Aussage von ihm ist sowohl gewagt wie auch beleidigend, und dazu etwas, was einem im Gedächtnis bleibt.
Ich habe mir die Szene im Buch ein wenig weiter durchgelesen, und dadurch bin ich wieder ein wenig ruhiger geworden. Im MSTing wird Hámas Argument ausgelassen, ebenso Aragorns Reaktion, der lacht, als ob alles Friede, Freude, Eierkuchen sei und sich überhaupt nicht anmerken lässt, dass er sich wenige Momente vorher noch mit der Wache anlegen wollte. Vielleicht ist das ein Grund, dass mich Gandalfs Aussage so aufgeregt hat.
Fakt ist: Gandalf ist ein Zauberer. Zauberer brauchen Stäbe, um zu zaubern, und somit ist der Eschenstab in Gandalfs Hand weitaus mehr als nur ein einfacher Stock, auf den sich ein alter Mann stützen kann. Er ist eine mächtige Waffe, und alle Anwesenden wissen das sehr gut.
Sie hätten ihm einen weiteren Stab anbieten sollen; ich meine, Théoden selbst hat auch eine Krücke. Da wäre es wohl nicht allzu schwierig gewesen, einen zusätzlichen Stock aufzutreiben und den Gandalf zu geben. Was hätte Gandalf denn gemacht, hätten sie ihm gesagt, er muss seinen Stab ablegen und dafür einen Anderen annehmen, he? Er hätte Théoden beleidigt, hätte er abgelehnt, und dann wäre er gar nicht erst in die Halle gekommen! Weshalb hat da niemand dran gedacht?
Und weshalb haben sie ihn überhaupt in die Stadt vorgelassen? Das letzte Mal haben sie ihn auch einfach draußen stehen lassen, bis es Gandalf zu viel wurde und er einfach Schattenfell stahl.
Ich würde mich jetzt weitaus weniger aufregen, wenn Gandalf da nicht durchgefegt wäre wie ein Sturmwind und jahrelange Arbeit in einem Augenblick zunichte gemacht hätte. Oh, natürlich, für die Allgemeinheit war das wohl besser, dass er das gemacht hat, und natürlich habe ich mich gefreut, Théoden endlich wieder bei Sinnen zu sehen, weil Théoden einfach toll ist. (Auch, wenn ein kleiner Teil in mir bitter das Gesicht verzieht und am liebsten Gandalf vor die Füße spucken würde.)
Aber die ganze Aktion vor den Türen wäre unnötig gewesen.


Und weil mir (dank Súlimes Kommentar) aufgefallen ist, dass heute tatsächlich Boromirs Todestag ist – RIP Boromir. (Ich gebe zu, ich habe es geahnt. Das Todesdatum, was bei mir fest im Kopf verankert ist, ist der 3. November, aber womöglich kommt der 26. Februar auch dazu.)

1 Kommentar:

  1. Danke, danke, danke für diesen Beitrag. Ich hole schon mal das Popcorn raus. *g*
    "Zweitfrau Andúril"! Ich liege unterm Tisch. XD Selbst mich als bekennende Gondor-Sympathisantin kotzt es an, wie er da nicht mal subtil die Ansicht vertritt, er wäre mehr wert als Théoden, weil Théoden ja nur König von Rohan ist. Und wie immer liebe ich Háma für seine Antwort. "This is the house of Théoden, not of Aragorn, even were he King of Gondor in the seat of Denethor." Seat of Denethor!! Got that, Elessar?
    Gimli ist immer der Sympathischste, wann diese drei oder vier zusammen unterwegs sind. Weil Gimli als einziger kein hochnäsiger Schnösel ist. So!
    "weshalb Gandalf teilweise so unerträglich wird, als er Weiß wird" An der Stelle muss ich dir wirklich recht geben, als Gandalf der Graue ist er noch halbwegs zu ertragen, aber in Weiß möchte ich ihn wirklich die ganze Zeit nur packen und über den Rand von Arda schmeißen. (Ach, verdammt, Arda ist ja im Dritten Zeitalter schon rund... Mist.)
    Gandalf hat Stil. Auf jeden Fall. Auch wenn er hauptsächlich daraus besteht, andere Leute zu beleidigen. (Pippin kann davon ein Lied singen.) Woran erinnert mich die Bemerkung doch gleich? Ach ja. Anderer alter Mann mit langem Bart. ^^
    Den Rest des Absatzes lag ich dann wieder lachend auf meiner Schreibtischplatte. Du hast ja so was von recht. *g*
    Ja, Ruhe in Frieden, Boromir. Du wirst schmerzlich vermisst. *schnief* Wobei für mich das eindrücklichste Todesdatum in Mittelerde der 15. März ist. Aber das wundert sicher keinen mehr.
    Nochmals danke für diesen großartigen Blogeintrag, über den ich mich köstlich amüsiert habe!

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