Manchmal vermisst du es, Fanfiktion zu schreiben.
Die Dinge waren viel einfacher, als du es noch getan hast; du musstest nicht so sehr auf Kontinuität achten, noch nicht so sehr auf die Hintergründe im Text. (Du hast es trotzdem getan, weil es Spaß machte, und weil sich daraus schnell neue Charakterfacetten oder gar Plots bildeten. (Krähenfuß und Céne, zum Beispiel.)) Es war mit einer gewissen Leichtigkeit verbunden – die Gewissheit, dass du dich ganz auf den Charakter konzentrieren konntest und Fehler nun mal passierten. Die Gewissheit, dass du einfach die Geschichte abbrechen konntest, wenn sie dir nicht mehr gefiel.
Jetzt ist diese
Leichtigkeit auf einmal verschwunden. Du liest zu viel darüber, dass
Autoren für ihre Werke angefeindet werden, wie diese
auseinandergenommen und bis in das kleinste Detail auf Feminismus,
Diversität, Kontinuität, historische/geographische/charakterliche
Logik, übergeordnetes Thema analysiert werden.
Du sagst dir zwar,
dass das eigentlich nichts geändert hat; Kritik ist schließlich
willkommen und du schreibst hauptsächlich für dich. Und doch… und
doch…
Du ertappst dich
immer wieder dabei, bei einer Szene innezuhalten, einen Schritt
zurückzutreten und dich zu fragen: „Wie würde ein Leser diese
Figur sehen? Würde sie zu klischeehaft herüberkommen? Tappe ich
hiermit in eine Falle?“
Und dann: „Was sagt das über dich selbst aus? Was sehen fremde Menschen zwischen den Zeilen, was Menschen, die du kennst (kanntest)? Wie viel von dir selbst ist dir gelungen, zu verstecken? Wie viel ist sichtbar? Wie viel ist unbewusst in den Text mit eingeflossen?“
Solche Fragen
hindern am Schreiben, ermüden, wecken Paranoia. Dabei sollte das
egal sein; es ist der erste Entwurf, der sich noch ändern
kann. Deshalb möchtest du schließlich Rückmeldung: Um dich zu
verbessern.
Noch eine
frustrierende Sache ist, dass gerade die Geschichte, die du jahrelang
geplant hast, im Nachhinein so, so viel klischeehafter ist als das,
was du in deinen emotionalen fünf Minuten heruntergeschrieben hast.
Niemand erwartet,
dass der erste Entwurf ganz am Anfang gleich perfekt ist.
Niemand,
außer dir selbst.
Um nicht von dem Fakt zu sprechen, dass es sich bei der momentanen Situation mit Diktatoren in verschiedensten Ländern und der allgemeinen Kritik an Regierungen irgendwie falsch anfühlt, über eine Regierung zu schreiben, die aus Verzweiflung, Unwissen und guten Absichten heraus einige verzweifelte Entscheidungen getroffen hat und nun irgendwie mit den Konsequenzen zurechtkommen muss… aber deshalb nicht automatisch böse ist. (Weil Geschichten immer ein Spiegel der Gesellschaft sein müssen.) Grauzonen sind nicht nur Protagonisten reserviert, sondern auch für Regierungen, verdammt, und meist hängt da einfach so viel mehr mit drin als einfach die Entscheidungen von korrupten, geldgierigen Machthabern. (Weshalb hätte ich sonst Aschenklinge geschrieben?)
Nicht, dass ich behaupten würde, dass solche Leute nicht existieren (es existieren genug), aber wenn der fünfzehnte König ein geldgieriger Monarch ist, der seine Untertanen ausbeutet weil... Gründe, wir brauchen einen Antagonisten, gegen den wir uns auflehnen können, dann ist das schon etwas ermüdend.
Ich will schlafen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen