Einige Gedanken zum 2. Kapitel meiner
FF „Cwideas“. Seid vor Spoilern gewarnt! Ich werde hier
schonungslos auf spätere Ereignisse der aktuellen Geschichte
anspielen! (Insbesondere Kapitel 14.)
Gerettet - gegéoced
Es war ein schönes Pferd, welches er hatte; ganz groß und mit einem dunkelgrauen Fell und etwas dunklerer Mähne und Schweif.
Doch je näher ich kam, umso merkwürdiger erschien mir der Reiter selbst. Von Weitem hatte ich seine Kleidung für eine dicke Weste und einen grünen Regenumhang gehalten; nun jedoch sah ich, dass er tatsächlich einen dunkelgrünen Umhang aus schwerem Stoff trug, der über die Kruppe des Pferdes hing.Auszug aus „Gerettet – gegéoced“
Die Beschreibung des Reiters fiel mir
recht leicht. Schließlich bin ich schon seit einiger Zeit dabei,
über die Eorlingas zu schreiben, und sich dann passende Kleidung
auszudenken war nicht weiter schwierig.
Schwieriger war die Frage, wie edel ich
die Kleidung wirken lassen konnte, ohne, dass Verdacht geschöpft
wurde. Einerseits wollte ich gerne die Leser dazu verführen, zu
denken, dass unsere Protagonistin über Éomer oder einen OC
gestolpert war – auf der anderen Seite musste ich die Grundzüge
von Grímas Wesen beibehalten, und er musste etwas haben, woran man
ihn als Ratgeber des Königs erkennen konnte.
Letzten Endes wurde dies seine Kette,
womit ich mir selbst mal wieder ein Grab geschaufelt habe, da diese
Kette in einigen meiner anderen Geschichten auch eben diese Funktion
innehat.
Und dann kam die nächste
Schwierigkeit: Ich konnte ihn kein Schwert tragen lassen. Nicht, weil
Gríma später im Auenland nur ein verstecktes Messer bei sich trägt;
nicht, weil sein filmisches Ebenbild eher unfähig im Umgang mit
Waffen aussieht – ich konnte es mir ganz einfach nicht vorstellen.
Dabei ist ja noch nicht mal gesagt, ob
Gríma mit einem Schwert umgehen kann oder nicht: Schließlich bietet
Théoden ihm an „den Rost von [s]einem
Schwert zu kratzen“, und obwohl dies spöttisch ist, so doch
andeutend, dass er Eines hat. Zudem wird ihm angeboten, mit in die
Schlacht zu reiten, wohingegen er widerspricht und bereit ist, die
Halle zu verteidigen – beides Kampfhandlungen, wozu zumindest eine
Ausbildung im Umgang mit Waffen für benötigt sein müsste. Und
würde dies nicht zu einem Ratgeber passen? Eigentlich ja.
Wie dem auch sei; ein Schwert passte
trotzdem nicht in mein persönliches Bild mit hinein, wobei ein
kämpferischer Gríma auch interessant wäre – ein Alternatives
Universum, in dem er nicht von Saruman manipuliert worden ist,
vielleicht; in dem er ehrenhaft und ein Mann Rohans geblieben wäre?
Es wäre kaum noch zu erkennen, dass es Gríma wäre, aber
interessant wäre es schon.
Aber das ein Andermal.
Das Haar, welches von einem dunklen Blond war, hing ihm strähnig und ungewaschen über den Rücken, und wäre nicht das kantige, grimmige Gesicht gewesen, hätte ich den Reiter beinahe für eine Frau gehalten, denn er hatte keinen Bart. Die hellen, grauen Augen blickten mich unfreundlich an, und das Lächeln schwand von meinem Gesicht.
„Þú eart dysgest, áfærende into þone fenn“, sagte der Reiter in einem barschen Ton. „Áspric nú, cild! Hwý eart þú ānlíepe hēr? Hwær is þín hām?“
Ich starrte den Reiter an. Das klang nur wenig nach Norwegisch, dafür merkwürdigerweise nach einer Mischung aus... Deutsch und Englisch. Was für eine Sprache war das? Holländisch klang zwar auch ähnlich, hatte jedoch noch einen kehligeren Klang als dies hier.Auszug
Das bartlose Gesicht sollte ein
weiterer, kleiner Hinweis auf die Identität Grímas sein, ebenso die
Augen, nachdem ich endlich nach so vielen Jahren meinen Unsinn mit
den roten Augen gelassen habe. Menschen haben keine roten Augen,
höchstens, wenn sie krank sind. Und dies trifft auf Gríma am Ende
des Buches zu, also bekam er die hellen, blassen, kalten Augen, die
Jackson ihm im Film gab. (Und die mein Lieblingslord aus der Reihe „A
Song of Ice and Fire“ übrigens auch hat. „Our Blades are
sharp“.)
Und ja, das Altenglische. Im Nachhinein
bin ich mir immer noch nicht sicher, ob die Grammatik so stimmt, und
bezweifle es. Die beiden Sätze, die der Reiter in der
Drablegeschichte sagt, baute ich hier noch ein wenig aus und
erweiterte das ganze Szenario, sodass der Reiter hier tatsächlich
einen gezwungenen Grund bekam, sich mit dem Mädchen zu befassen –
indem er sie nämlich aus dem Sumpf retten muss.
Übersetzt sollte Gríma in etwa dies
gesagt haben: „Du bist töricht, in diesen Sumpf zu gehen. Sprich
nun, Kind! Weshalb bist du allein hier? Wo ist dein Heim?“
Unfreundlich, ja, aber er ist im Moment
auch etwas im Stress und bereut es sicherlich im selben Moment, dass
er sie aufsammelt und aus dem Sumpf zieht.
Zudem habe ich mir Hörproben vom
Altenglischen an- und nicht zuletzt den Mönchen aus der Serie
„Vikings“ zugehört... und muss sagen, dass ich doch ein wenig
enttäuscht war.
Altenglisch klingt nicht halb so
melodisch, wie ich es mir immer vorgestellt habe; der Klang kommt dem
des modernen Englisch nicht einmal nahe. Es klingt rau und
hart, eher wie das „Gekrächze eines alten Raben“, um mal
Tolkien zu zitieren. Doch passt dies auf der anderen Seite nicht zu
den Rohirrim, den stolzen Eorlingas, die dem Tod schweigend ins Auge
blicken und nicht jammern? Keine Klage hören lassen, als ihr König
sie in Dunharg ihrem Schicksal überlässt und in die Dunkelheit
reitet?
Ich bin der Meinung, es passt
ausgezeichnet.
Es klingt ein wenig wie eine Mischung
aus Englisch und Deutsch, mit einer Prise Holländisch; dem harten
ach-Laut [x], den diese
immer haben.
Letzten Endes jedoch muss sich
stuntfola ja doch nicht mit Altenglisch herumschlagen, da der
nette Norweger Englisch versteht. Ich hatte in der Vorgeschichte
lange überlegt, für welche Sprache ich Westron repräsentieren
wollte, und eigentlich hatte ich erst die Absicht, dass die
Hauptperson dieses nicht verstehen sollte.
Davon ließ ich jedoch recht schnell
wieder ab, da ich ansonsten meine übersetzten Schlagworte und die
Absicht, eine Rohirrisch-Lektion mit einzubauen, nicht funktioniert
hätte – oder nur sehr schwerlich, und für den Plot war es
notwendig, dass sie sich mit Gríma verständigen konnte, um nachher
eben erkennen zu können: Oh du meine Güte, es ist tatsächlich
die ganze Zeit Gríma gewesen.
Also fiel der Punkt weg, und da ich
eben in der überarbeiteten Version auch recht schnell das Gespräch
mit ihm beginnen wollte, war es klar, dass hier das „Nicht-Verstehen“
vom Westron auch wegfallen würde.
Und dann kommen wir zu stuntfolas
kläglicher Reitstunde. Da ich in der Drabblegeschichte auf einen
mörderischen Muskelkater angesprochen wurde, den das Mädchen
sicherlich haben würde, beschloss ich, gleich hier ein wenig auf die
Schwierigkeiten des Reitens einzugehen.
Und bereue es natürlich im Nachhinein,
dass ich zum jetzigen Zeitpunkt schon an dem Punkt vorbei bin, an dem
Pferde noch eine Rolle spielen, diese doch so wichtigen Tiere für
die Eorlingas. (Zu bemerken wäre hier, dass er hier ein recht gutes
Pferd abbekommen hat – nicht allzu müde, und vor Allem auch nicht
unbedingt alt. Auf der anderen Seite kann es aber natürlich auch
sein, dass es stuntfola nur nicht auffällt.)
Sie sitzt recht unbequem – sie muss
auf dem Sattelknauf sitzen, um Platz vor dem Reiter zu haben, und
belastet damit eigentlich zusätzlich die Schulter des Pferdes. Dazu
ist sie eine ungeübte Reiterin und hüpft erstmals auf und ab, ehe
sie es besser hinbekommt. Doch wie so Vieles erfordert auch das
Reiten Übung, die sie noch nicht hat.
„...Also sprich besser die Wahrheit, wenn ich dich noch einmal frage, cild: Woher kommst du?“
Doch ich konnte ihm für einen Moment nicht antworten, saß nur starr auf dem Pferd, während es in meinem Inneren brodelte.
Er hatte Eorlingas gesagt.Auszug
Es hat außerordentlich Spaß gemacht,
sich ihre verzweifelten Überlegungen auszudenken, die sie haben
könnte, um eben sicherzugehen, dass der Mann vor ihr kein Eorling
sein kann. Bei ihren Vorschlägen für den Filmdreh hatte ich
an mich selbst gedacht und mich gefragt, wie ich wohl reagieren
würde.
Und dies kam heraus: Ich würde eher
mich selbst oder den Typen für verrückt halten, als auch nur einen
Moment in Erwägung zu ziehen, dass ich in Mittelerde gelandet sein
könnte.
Natürlich ist sich stuntfola
unsicher, weshalb er sie nicht zu verstehen scheint, und Wahnsinn
plus Realitätsferne scheint hier die beste Erklärung zu sein. Dank
den ganzen Horrorfilmen weiß man aber auch, dass solche Psychopathen
unberechenbar sein können, und deshalb ist Vorsicht angesagt.
Was insofern auch darauf zutrifft, wenn
sie zu diesem Zeitpunkt wüsste, mit wem sie da tatsächlich auf dem
Pferd sitzt.
Gríma hingegen beginnt ihr schon hier
zu misstrauen, da sie offenkundig keine Ahnung von der Mark und
seinen Bewohnern hat, doch noch hält er den Mund und denkt sich
seinen Teil. Noch glaubt er, sie irgendwo wieder loswerden zu können
und ahnt nicht, was für ein enormes Wissen sie besitzt.
Schulterzuckend brummt er sein „Also
doch“ und sieht darin seine Betätigung, dass das Mädchen wohl
verlorengegangen und halb wahnsinnig vor Hunger und Heimweh ist. Und
wenn man ein verlorenes Kind bei einem Dorf wieder abliefert, bekommt
man womöglich noch eine Gegenleistung und kann ausnutzen, dass sich
die Nachricht vom Verrat und der Vertreibung aus Edoras noch nicht
herumgesprochen hat.
Es ist also eine Win-Win Situation, bei
der beide Seiten am Ende glücklich sind... wäre es jedenfalls so,
wie er denkt.
Was es nicht ist, doch das wird er noch
herausfinden... und es wird nicht schön sein. Für beide Seiten.
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