Montag, 6. Oktober 2014

Gerettet - gegéoced

Einige Gedanken zum 2. Kapitel meiner FF „Cwideas“. Seid vor Spoilern gewarnt! Ich werde hier schonungslos auf spätere Ereignisse der aktuellen Geschichte anspielen! (Insbesondere Kapitel 14.)




Gerettet - gegéoced



Es war ein schönes Pferd, welches er hatte; ganz groß und mit einem dunkelgrauen Fell und etwas dunklerer Mähne und Schweif.
Doch je näher ich kam, umso merkwürdiger erschien mir der Reiter selbst. Von Weitem hatte ich seine Kleidung für eine dicke Weste und einen grünen Regenumhang gehalten; nun jedoch sah ich, dass er tatsächlich einen dunkelgrünen Umhang aus schwerem Stoff trug, der über die Kruppe des Pferdes hing.
Auszug aus „Gerettet – gegéoced“

Die Beschreibung des Reiters fiel mir recht leicht. Schließlich bin ich schon seit einiger Zeit dabei, über die Eorlingas zu schreiben, und sich dann passende Kleidung auszudenken war nicht weiter schwierig.
Schwieriger war die Frage, wie edel ich die Kleidung wirken lassen konnte, ohne, dass Verdacht geschöpft wurde. Einerseits wollte ich gerne die Leser dazu verführen, zu denken, dass unsere Protagonistin über Éomer oder einen OC gestolpert war – auf der anderen Seite musste ich die Grundzüge von Grímas Wesen beibehalten, und er musste etwas haben, woran man ihn als Ratgeber des Königs erkennen konnte.
Letzten Endes wurde dies seine Kette, womit ich mir selbst mal wieder ein Grab geschaufelt habe, da diese Kette in einigen meiner anderen Geschichten auch eben diese Funktion innehat.
Und dann kam die nächste Schwierigkeit: Ich konnte ihn kein Schwert tragen lassen. Nicht, weil Gríma später im Auenland nur ein verstecktes Messer bei sich trägt; nicht, weil sein filmisches Ebenbild eher unfähig im Umgang mit Waffen aussieht – ich konnte es mir ganz einfach nicht vorstellen.
Dabei ist ja noch nicht mal gesagt, ob Gríma mit einem Schwert umgehen kann oder nicht: Schließlich bietet Théoden ihm an „den Rost von [s]einem Schwert zu kratzen“, und obwohl dies spöttisch ist, so doch andeutend, dass er Eines hat. Zudem wird ihm angeboten, mit in die Schlacht zu reiten, wohingegen er widerspricht und bereit ist, die Halle zu verteidigen – beides Kampfhandlungen, wozu zumindest eine Ausbildung im Umgang mit Waffen für benötigt sein müsste. Und würde dies nicht zu einem Ratgeber passen? Eigentlich ja.
Wie dem auch sei; ein Schwert passte trotzdem nicht in mein persönliches Bild mit hinein, wobei ein kämpferischer Gríma auch interessant wäre – ein Alternatives Universum, in dem er nicht von Saruman manipuliert worden ist, vielleicht; in dem er ehrenhaft und ein Mann Rohans geblieben wäre? Es wäre kaum noch zu erkennen, dass es Gríma wäre, aber interessant wäre es schon.
Aber das ein Andermal.


Das Haar, welches von einem dunklen Blond war, hing ihm strähnig und ungewaschen über den Rücken, und wäre nicht das kantige, grimmige Gesicht gewesen, hätte ich den Reiter beinahe für eine Frau gehalten, denn er hatte keinen Bart. Die hellen, grauen Augen blickten mich unfreundlich an, und das Lächeln schwand von meinem Gesicht.
Þú eart dysgest, áfærende into þone fenn“, sagte der Reiter in einem barschen Ton. „Áspric nú, cild! Hwý eart þú ānlíepe hēr? Hwær is þín hām?
Ich starrte den Reiter an. Das klang nur wenig nach Norwegisch, dafür merkwürdigerweise nach einer Mischung aus... Deutsch und Englisch. Was für eine Sprache war das? Holländisch klang zwar auch ähnlich, hatte jedoch noch einen kehligeren Klang als dies hier.
Auszug

Das bartlose Gesicht sollte ein weiterer, kleiner Hinweis auf die Identität Grímas sein, ebenso die Augen, nachdem ich endlich nach so vielen Jahren meinen Unsinn mit den roten Augen gelassen habe. Menschen haben keine roten Augen, höchstens, wenn sie krank sind. Und dies trifft auf Gríma am Ende des Buches zu, also bekam er die hellen, blassen, kalten Augen, die Jackson ihm im Film gab. (Und die mein Lieblingslord aus der Reihe „A Song of Ice and Fire“ übrigens auch hat. „Our Blades are sharp“.)
Und ja, das Altenglische. Im Nachhinein bin ich mir immer noch nicht sicher, ob die Grammatik so stimmt, und bezweifle es. Die beiden Sätze, die der Reiter in der Drablegeschichte sagt, baute ich hier noch ein wenig aus und erweiterte das ganze Szenario, sodass der Reiter hier tatsächlich einen gezwungenen Grund bekam, sich mit dem Mädchen zu befassen – indem er sie nämlich aus dem Sumpf retten muss.
Übersetzt sollte Gríma in etwa dies gesagt haben: „Du bist töricht, in diesen Sumpf zu gehen. Sprich nun, Kind! Weshalb bist du allein hier? Wo ist dein Heim?“
Unfreundlich, ja, aber er ist im Moment auch etwas im Stress und bereut es sicherlich im selben Moment, dass er sie aufsammelt und aus dem Sumpf zieht.
Zudem habe ich mir Hörproben vom Altenglischen an- und nicht zuletzt den Mönchen aus der Serie „Vikings“ zugehört... und muss sagen, dass ich doch ein wenig enttäuscht war.
Altenglisch klingt nicht halb so melodisch, wie ich es mir immer vorgestellt habe; der Klang kommt dem des modernen Englisch nicht einmal nahe. Es klingt rau und hart, eher wie das „Gekrächze eines alten Raben“, um mal Tolkien zu zitieren. Doch passt dies auf der anderen Seite nicht zu den Rohirrim, den stolzen Eorlingas, die dem Tod schweigend ins Auge blicken und nicht jammern? Keine Klage hören lassen, als ihr König sie in Dunharg ihrem Schicksal überlässt und in die Dunkelheit reitet?
Ich bin der Meinung, es passt ausgezeichnet.
Es klingt ein wenig wie eine Mischung aus Englisch und Deutsch, mit einer Prise Holländisch; dem harten ach-Laut [x], den diese immer haben.

Letzten Endes jedoch muss sich stuntfola ja doch nicht mit Altenglisch herumschlagen, da der nette Norweger Englisch versteht. Ich hatte in der Vorgeschichte lange überlegt, für welche Sprache ich Westron repräsentieren wollte, und eigentlich hatte ich erst die Absicht, dass die Hauptperson dieses nicht verstehen sollte.
Davon ließ ich jedoch recht schnell wieder ab, da ich ansonsten meine übersetzten Schlagworte und die Absicht, eine Rohirrisch-Lektion mit einzubauen, nicht funktioniert hätte – oder nur sehr schwerlich, und für den Plot war es notwendig, dass sie sich mit Gríma verständigen konnte, um nachher eben erkennen zu können: Oh du meine Güte, es ist tatsächlich die ganze Zeit Gríma gewesen.
Also fiel der Punkt weg, und da ich eben in der überarbeiteten Version auch recht schnell das Gespräch mit ihm beginnen wollte, war es klar, dass hier das „Nicht-Verstehen“ vom Westron auch wegfallen würde.
Und dann kommen wir zu stuntfolas kläglicher Reitstunde. Da ich in der Drabblegeschichte auf einen mörderischen Muskelkater angesprochen wurde, den das Mädchen sicherlich haben würde, beschloss ich, gleich hier ein wenig auf die Schwierigkeiten des Reitens einzugehen.
Und bereue es natürlich im Nachhinein, dass ich zum jetzigen Zeitpunkt schon an dem Punkt vorbei bin, an dem Pferde noch eine Rolle spielen, diese doch so wichtigen Tiere für die Eorlingas. (Zu bemerken wäre hier, dass er hier ein recht gutes Pferd abbekommen hat – nicht allzu müde, und vor Allem auch nicht unbedingt alt. Auf der anderen Seite kann es aber natürlich auch sein, dass es stuntfola nur nicht auffällt.)
Sie sitzt recht unbequem – sie muss auf dem Sattelknauf sitzen, um Platz vor dem Reiter zu haben, und belastet damit eigentlich zusätzlich die Schulter des Pferdes. Dazu ist sie eine ungeübte Reiterin und hüpft erstmals auf und ab, ehe sie es besser hinbekommt. Doch wie so Vieles erfordert auch das Reiten Übung, die sie noch nicht hat.

„...Also sprich besser die Wahrheit, wenn ich dich noch einmal frage, cild: Woher kommst du?“
Doch ich konnte ihm für einen Moment nicht antworten, saß nur starr auf dem Pferd, während es in meinem Inneren brodelte.

Er hatte Eorlingas gesagt.
Auszug

Es hat außerordentlich Spaß gemacht, sich ihre verzweifelten Überlegungen auszudenken, die sie haben könnte, um eben sicherzugehen, dass der Mann vor ihr kein Eorling sein kann. Bei ihren Vorschlägen für den Filmdreh hatte ich an mich selbst gedacht und mich gefragt, wie ich wohl reagieren würde.
Und dies kam heraus: Ich würde eher mich selbst oder den Typen für verrückt halten, als auch nur einen Moment in Erwägung zu ziehen, dass ich in Mittelerde gelandet sein könnte.
Natürlich ist sich stuntfola unsicher, weshalb er sie nicht zu verstehen scheint, und Wahnsinn plus Realitätsferne scheint hier die beste Erklärung zu sein. Dank den ganzen Horrorfilmen weiß man aber auch, dass solche Psychopathen unberechenbar sein können, und deshalb ist Vorsicht angesagt.
Was insofern auch darauf zutrifft, wenn sie zu diesem Zeitpunkt wüsste, mit wem sie da tatsächlich auf dem Pferd sitzt.
Gríma hingegen beginnt ihr schon hier zu misstrauen, da sie offenkundig keine Ahnung von der Mark und seinen Bewohnern hat, doch noch hält er den Mund und denkt sich seinen Teil. Noch glaubt er, sie irgendwo wieder loswerden zu können und ahnt nicht, was für ein enormes Wissen sie besitzt.
Schulterzuckend brummt er sein „Also doch“ und sieht darin seine Betätigung, dass das Mädchen wohl verlorengegangen und halb wahnsinnig vor Hunger und Heimweh ist. Und wenn man ein verlorenes Kind bei einem Dorf wieder abliefert, bekommt man womöglich noch eine Gegenleistung und kann ausnutzen, dass sich die Nachricht vom Verrat und der Vertreibung aus Edoras noch nicht herumgesprochen hat.
Es ist also eine Win-Win Situation, bei der beide Seiten am Ende glücklich sind... wäre es jedenfalls so, wie er denkt.
Was es nicht ist, doch das wird er noch herausfinden... und es wird nicht schön sein. Für beide Seiten.

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