Viel Spaß beim Lesen wünsche ich. :)
Deine Geschichte ist hier zu Ende.
Der Himmel über dem Schlachtfeld hatte
eine stahlgraue Farbe angenommen, als die Wolken sich zusammengezogen
hatten und die Sonne ausschlossen, wie um zu verhindern, dass das
Licht die Toten berührte.
Der Boden war schlammig, und noch vor
wenigen Stunden hatten die Stiefel der Männer ihn aufgewühlt,
während sie brüllend nach vorne stürmten, den frischen Stümpfen
der Weidenbäume ausweichend, den klaffenden Löchern, wo die Bäume
einfach ausgerissen worden waren.
Niemand hier auf dem Feld lebte noch;
die Überlebenden hatten sich bereits vor einiger Zeit trauernd
zurückgezogen; erleichtert, noch am Leben zu sein.
Wenngleich zu einem hohen Preis.
Die Zahl der Menschen unter den Toten
war groß, und viele von ihnen waren gefallen – auf beiden Seiten.
Doch es lagen auch viele Echsenwesen
hier, Jasrad genannt, die auf der dunklen Seite gekämpft
hatten. Ihre schwarze Schuppenhaut war zwar dick, doch nicht dick
genug für die Speere und Klingen der Menschen.
Dunkle Schatten segelten durch die Luft
heran und ließen sich flügeschlagend auf den Toten nieder, um mit
scharfen Schnäbeln nach ihren Augen zu hacken.
Nach jeder Schlacht kamen die Krähen
und die Raben, um sich an den Toten zu laben. Es kümmerte sie nicht,
welche Seite gewonnen hatte; für sie ging es nur um das Futter.
Bald wurde die Stille abgelöst durch
harsches, raues Krächzen, wenn die Vögel um ihre Mahlzeit stritten.
Einer der schwarzen Vögel hatte sich
gerade gegen einige hartnäckige Artgenossen behauptet und hüpfte
triumphierend auf die Brust eines Gefallenen.
Hörst du?
Der Arm zuckte auf einmal, und die
Brust in dem ledernen Wams hob und senkte sich schwach. Die Krähe
flatterte krächzend auf, verärgert, ihres Mahles beraubt zu sein.
Die Augenlider des Mannes zuckten.
Hörst du? Deine Geschichte ist hier
zu Ende.
Ein stechender Schmerz durchfuhr seine
Brust, als er erschrocken Luft holte.
Er rollte sich auf die Seite, als er
die Stimme hörte; starrte in den grauen Himmel hinauf. „Wie?“
flüsterte er, holte erneut schnappend Luft, schmeckte Blut im Mund.
„Wie?“
Du hast deine Rolle gespielt, und du
hast sie gut erfüllt. Ich lasse dich jetzt in Frieden.
Der Boden unter ihm war aufgeweicht vom
Blut der Männer und Kreaturen, die hier ihr Leben gelassen hatten.
Er spürte, wie sein Leben aus ihm
heraus sickerte, doch er biss die Zähne zusammen und klammerte sich
daran. Nein. Er würde nicht sterben. Nicht hier.
Nicht durch ihn.
Unter Anstrengung richtete er sich ein
wenig auf, sank im Matsch ein, starrte weiterhin in den grauen
Himmel. Nicht durch ihn, der ihm all das hier angetan hatte.
Trotz kam in ihm auf.
„Warum?“ fragte er rau. „Warum
soll ich jetzt sterben, verflucht? Ich habe gerade deinen
beschissenen Helden wider aller Erwartungen gerettet, und
das soll der Dank dafür sein?!“
Das war vorherbestimmt. Dein
Schicksal.
„Mein Schicksal?“ Er spuckte aus,
obgleich es wehtat. „Ich habe für dich den Bösen gespielt, der
nachher doch noch dank eines Sinneswandels gut wird; der deine Gruppe
begleitet und seine eigenen kleinen Ziele verfolgt hatte. Ich war der
Charakter mit den meisten menschlichen Eigenschaften von deiner
ganzen idealisierten Schwarzweiß-Welt – und du lässt mich
sterben?!“
Es war dein -
„Ich weiß, mein verfluchtes
Schicksal!“ Er war nun wütend, vergaß langsam den Schmerz in
seiner Brust, ballte die Hand im Matsch zur Faust. „Scheiß auf
mein Schicksal! Wer glaubt denn bitte heutzutage noch an so etwas?
Ich nicht!“
Und auf einmal wurde ihm bewusst, dass
er den Schmerz nicht langsam vergaß. Dieser wurde schwächer.
Warte. Das... das kannst du nicht
machen. Du bist meine Schöpfung. Du solltest sterben.
Der Blutfluss hatte aufgehört, und
eine Kruste hatte sich über der Wunde gebildet. Sie war noch da,
doch sie war nicht mehr lebensgefährlich.
Er lachte und grinste in den Himmel.
„Ha! Siehst du, wie viel Macht du über mich hast? Gar keine! Ich
glaube nicht an Schicksal! Ich werde leben!“
Ein Blitz zuckte über den Himmel und
schlug mehrere Meter entfernt von ihm ein. Die Aasvögel stoben laut
krächzend in alle Richtungen auf, durcheinanderwirbelnd, verwirrt.
Der Knall war ohrenbetäubend, und es
dauerte eine Weile, bis seine Ohren nicht mehr klingelten.
Er grinste, als er sah, dass er
unversehrt war. „Du merkst selbst, dass das ein bisschen
unrealistisch für dich ist, oder?“ fragte er. „Auch du hast
Regeln, an die du dich halten musst.“
Ich werde dich noch kriegen. Du
wirst sterben. Ich habe schon ganz andere Leute umgebracht. Das hier
ist immer noch meine Welt. Egal, wo du bist, was du tust: Du
kannst dich nicht vor mir verstecken!
Und er lachte, lachte über seinen
Schöpfer, über seinen Gott, über die gesamte Welt. „Nein“,
sagte er leise, „ich werde leben.“
Und mit diesen Worten stand er unsicher
auf, zog seinen zerfetzten Umhang um sich und taumelte kichernd vom
Schlachtfeld hinunter.
Verflucht. Hätte ich ihn doch
stereotyp und dumm gelassen, wie die anderen...
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Schön zu bemerken, dass Thainwyn damals auch so gar keine Ahnung von menschlicher Anatomie hatte - normalerweise gerinnt das Blut, sobald jemand tot ist. Das Herz schlägt schließlich nicht mehr; also kann es logischerweise das Blut auch nicht mehr im Körper herumpumpen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass Hwearfans Blutfluss geronnen ist - der Typ ist tot, da passiert so etwas. Außer natürlich, er lag eigentlich nur im Sterben; da kann das schon wieder sein.
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