Die Macht der Fanfiktion

Ist Fanfiktion eine pure Wunscherfüllung und Machtdemonstration?



Manchmal könnte ich das glauben.
Figuren werden genommen und zurechtgebogen, die Handlung wird verändert und angepasst und selbst die Schreiber, die sich an den Canon halten, drücken den Charakteren ihre eigene Interpretation auf. Manche Figuren werden dadurch tatsächlich lebendiger, bekommen Leben eingehaucht und eine Erklärung, weshalb sie im Original auftauchen; Andere... eher nicht. Sie werden nur gebraucht, um einer Wunscherfüllung Folge zu leisten und einer Mary-Sue zu Diensten zu sein - oder selbst eine zu werden.
OTPs werden realisiert, koste es, was es wolle; Canon-Pairings werden auseinandergerissen, weil dem allmächtigen Autoren die beiden Figuren nicht gut genug sind. Er zwingt sie auseinander und macht sein eigenes Ding draus - und wer will ihn daran hindern? Der Autor kann ganz einfach eine Stadt niederbrennen lassen, wenn er Lust dazu hat; er kann Charaktere sterben lassen, die ihm nicht gefallen und er kann fröhlich seiner Torture-Lust fröhnen und die Leser werden das auch noch gut finden. Wahre Liebe kann eben doch nur durch Schmerz und Trauma erfahren werden.
Weshalb schreiben Leute Fanfiktion? Manche sicherlich aus diesen Gründen, andere haben noblere Ziele - die eigene Schreibkunst zu verbessern. Mehr Aufmerksamkeit für diesen doch allzu unbeliebten Charakter zu wecken. Recherche anzuwenden. Eine Idee anzuwenden und dazu vertrautes Terrain zu benutzen.
Sicher ist - es ist in gewisser Weise einfach, ein Fanfiktionautor zu sein, denn es gehören einem die Charaktere ja nicht. Ganz gleich, wie sehr man ihren Charakter verändert, sie verstümmelt, gefoltert, mit Fluff erstickt oder ihr Aussehen verändert hat - man gibt sie nach der Geschichte ab und kann alle Schuld von sich weisen. Sie sind ja schließlich nur geliehen, bleibende Schäden oder gar Konsequenzen werden die Charaktere nicht spüren.
Bei Autoren ist das manchmal anders.

Ich gehe also und wasche meine Hände in unschuldigem Tintenblut.