Sonntag, 28. Mai 2017

Abercrombies allgegenwärtige Ärgerlichkeiten

Ich gebe zu, ich mochte Abercrombie eigentlich. Von seinem „Half a king“ war ich ziemlich begeistert, wobei sich das wieder ein wenig im Laufe der Trilogie verflüchtigt hat - „Half the world“ und „Half a war“ waren nicht annähernd so gut.
Was mich aber bei ihm ein wenig nervt, sind die ganzen kleinen Details, von denen er keine Ahnung hat. Tauben können bei ihm sprechen – nun gut, kann man vielleicht noch als Mutation sehen, da die mit Papageien verwandt sind. Aber sprechende Adler? Krähen, die gelbe Augen haben? (Krähen haben braune Augen.) Möwen, die Körner und Brot fressen? (Möwen sind zwar Allesfresser, aber ihre Hauptnahrung sind eher Fische und Krebse. Körner könnten die gar nicht mit ihren großen Schnäbeln aufpicken.)
Und die First Law-Trilogie scheint da leider auch nicht besser zu sein.



First Law, Protagonist Logen hockt im Gebüsch: „The world shrank down to Logen and his next meal.
When he reckoned it was close enough, he sprang forward and bore it down onto the wet ground. A young deer. It kicked and struggled but he was strong and quick, and he stabbed his knife into its neck and chopped the throat out.

Einige Zeilen vorher jammert er noch, dass er ja so schwach ist. Außerdem würde ich gerne sehen, wie ein geschwächter Mensch ein Reh überwältigt – Pflanzenfresser sind sehr viel aggressiver als Fleischfresser und sind eher mal bereit, einem einen Tritt zu geben, weil sie gerade Lust dazu haben.
Rehe sind außerdem für ihre Schnelligkeit bekannt – ich frage mich, wie groß die Chance wäre, dass Logen tatsächlich das Reh erwischt hätte, vor Allem bei so einer wagen Aussage wie „when he reckoned it was close enough“. Wäre witzig gewesen, wenn er sich verschätzt hätte.
Außerdem hätte Logens Anschleichmanöver nicht funktionieren dürfen, laut Wikipedia. „Rehe sind in der Lage, bereits geringe Duftreize wahrzunehmen und riechen einen Menschen aus einer Entfernung von 300 bis 400 Metern.
Außerdem würde ich behaupten, dass es eher schwierig ist, mit einem Messer einen Hals durchzusäbeln. „Chopped the throat out“ klingt zudem so, als wenn Logen fein säuberlich den Hals ausschneiden würde. Viel Spaß außerdem mit dem ganzen Blut, das an dir haftet; das wird auch nicht etwa Raubtiere anlocken oder so.


He picked up the carcass and slung it over his shoulders. That would be good in a stew, maybe with some mushrooms. Very good. [...] When he reached his camp it was close to sunset. [...] He would have a fire tonight. It was a long time since he‘d had a treat like that. A fire, and all his own.
Later, well fed and rested, Logen pressed a lump of chagga into his pipe.

Schade. Etwas, was ich bei vieler Fantasy vermisse, ist, wie die Helden ihr Essen zubereiten. Man muss die Haut abziehen, es aufschneiden, die Innereien herausholen, das Fleisch von den Knochen säbeln, ein Feuer in Gang bringen (was bei nassem Holz schwierig genug sein wird), den Gestank der Körpersäfte aushalten und den Rest vom Reh dann vergraben, wenn man nicht möchte, dass einem mitten in der Nacht Wölfe gegenüberstehen.
Außerdem, Logen will stew machen? Eintopf? Hat der eine Ahnung, wie lange das dauert, bis alles genügend gekocht wurde, bis er da eine annehmbare Mahlzeit draus hat? Plus der Zeit, die es gedauert haben mag, das Reh auszunehmen? Mit nassem Holz? Viel Glück, sage ich da. Ich frage mich, wie viele Stunden später das later sein mag. Womöglich wäre es einfacher gewesen, Stücke vom Reh einfach auf Stöcke zu spießen und über dem Feuer zu braten.
Oder noch einfacher – Fische im Fluss fangen. Oder meinetwegen einen Igel aus dem Schnee ausgraben und den dann braten, der ist auch nahrhaft und nicht so groß wie ein Reh, wo auch die Sache mit dem Blut nicht so viele Probleme machen würde.
Abercrombie wird dafür kritisiert, dass er blutig sein soll, aber das ist mir bisher nicht so aufgefallen. Bei der Kampfszene, die ich bisher gelesen hatte, kam ich irgendwann nicht mehr mit, weil das verwirrend war, und er beschreibt nicht das Zubereiten eines Rehs, was ich sehr viel ekliger fände. Bisher bin ich also nicht sonderlich beeindruckt.


Ich bin jetzt schon genervt. Vielen Dank, Abercrombie.

1 Kommentar:

  1. Danke für die Vorwarnung, was das Buch angeht - es hat sich auf meiner To Read Liste gerade den hintersten Platz gesichert.

    Bei der Szene mit dem Reh dachte ich automatisch: Okay, irgendwie strange, dass alle anderen Leute in Geschichten Rehe immer mit Pfeil und Bogen jagen und nur Logen nicht? Was ist er, ein Wrestler? Hält er sich wegen seines Vornamens für Wolverine? Wieso schnitzt er sich nicht einen primitiven Speer? Das würde im Zweifelsfall noch besser funktionieren.
    Erstens müsste das Reh ihn gehört haben (die haben nicht umsonst so große Ohren), zweitens müsste es ihn gerochen haben (darauf bist du ja eingegangen) und drittens müsste es viel bessere Reflexe haben und entweder rechtzeitig ausweichen oder Logen mit seinem Geweih eins überbraten. Ja, Rehböcke tragen Hörner - kann Abercrombie mal jemand Bambi vorspielen?

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