Mittwoch, 24. August 2016

Wie viel muss in einer eigenen Welt fremd sein?

Eine Freundin hat ihr Fantasybuch geschrieben und ist dabei, den zweiten und dritten Teil zu schreiben, bzw. zu planen. Meine Aufgabe ist im Moment das Betalesen, und währenddessen helfe ich ihr mit kleineren Logikfehlern und meiner Meinung.

Daraus hat sich eine Diskussion über die Tiere ergeben, denn sie war beim Lesen meines ersten Kapitels von „Wolkenschatten“ überrascht, dass ich eine Kreuzotter mit eingebaut hatte. Eine ganz normale, giftige Kreuzotter, keine Nachtschlange oder ein gebänderter Schattenkriecher. Das fühle sich jedoch so überraschend normal an, und das sei doch schließlich eine Fantasywelt. (Die Bergviper zwei Sätze später und die Gämsen vorher hat sie jedoch nicht kommentiert.)
Sie selbst schreibt zwar über Menschen, hat jedoch vor, die Pferde aus meiner Betaversion doch wieder herauszunehmen und ein eigenes Reittier zu erschaffen; ähnlich, wie ich auch ein magisches Wesen in meiner Geschichte habe, ein Überbleibsel der Geschichte des Landes. Sie wird ihre Welt mit eigenen Tieren bevölkern und mit einigen fremdartigen Obstbäumen.
Will heißen, die Grundtiere (Hühner, Pferde(ähnliche), Möwen, Tauben, Käfer) verbleiben, die Menschen haben sie nur anders genannt.
Ich fand die Idee nett, zumindest einige der verschiedenen Pferderassen auch verschieden zu nennen, doch gleich bei den Vögeln bin ich verzweifelt. Es gibt so viele verschiedene Unterarten, die teilweise auch noch so selbsterklärende Namen haben, wie eben der Wespen – und der Mäusebussard, der Turm – und der Wanderfalke, von Insekten ganz zu schweigen. Und ich weiß, dass ich einfach nicht genügend Fantasie besitze, mir alles neu auszudenken.
Wenn ich nun einen Hirschkäfer nehme, den jedoch grün schillern lasse und ihn „Grüngeweih“ nenne? Die Kenner werden sehen, dass ich einfach nur einen Hirschkäfer genommen und diesen grün angemalt habe, und die Illusion wäre durchbrochen. Oder wenn ich eine Saatkrähe „Schimmerfeder“ nenne? Die meisten werden an einen Paradiesvogel denken und sich über das schwarze Gefieder mit dem öligen Schimmer und das raue Krächzen und den Schwarm wundern. Vor Allem, wenn ich beschließe, dass ich die schwarzen Vögel in „Schimmerfedern“ und in „Pechklauen“ unterteilen werde, dann jedoch sage, dass sie zu den Krähenvögeln gehören und der schwarzweiße „Lachdieb“ da mit zugehört. (Ein viel zu offensichtlicher Name für eine Elster, ich gebe es zu.)
Klar, das mit den fremdartigen Namen fördert das Exotikgefühl und klingt gleichzeitig nicht abgedroschen nach dem stumpfen „Pferd, Falke, Rabe, von denen es nur die eine Art gibt und keinerlei Unterarten“. Viele werden sich unter solch einem spezifischen Namen wie „Hausmütterchen“, „Rotes Ordensband“, „Ackerwinden-Bunteulchen“, „Braune Tageule“ oder „Möndcheneule“ ohnehin nicht wirklich etwas vorstellen können und sehr erstaunt reagieren, wenn sie hören, dass das alles Falter sind. Der „Silbermönch“ übrigens auch.
Und wenn ich jetzt sage, dass ich eine meiner Krähenarten gerne „Silbermönch“ nennen möchte? Manche Leser werden das vollkommen in Ordnung finden. Andere wiederum werden sich darüber amüsieren, dass ich eine Krähenart nach einem Schmetterling benannt habe.
Natürlich kann man sagen, dass man ja nicht alles benennen muss. Bei manchen Dingen genügt es, einfach nur „Insekten“, „kleine Singvögel“ oder „Mücken“ zu sagen und jeder weiß, was gemeint ist, wenn diese Hauptperson nicht gerade ein Zoologe auf Forschungsreise ist. (Was eigentlich auch ein interessanter Plot wäre. „Reise zum Mittelpunkt der Erde“, anyone?)
Ich schätze, manchmal muss man eben unpräzise sein.

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