Ich habe zu meinem Geburtstag das Buch
„Die Beschenkte“ von Kristin Cashore von einer Freundin geschenkt
bekommen, die mich bereits vorgewarnt hatte: „Ich finde es toll!
Aber bei dir war ich mir unsicher, weil ich glaube, dass das ein Buch
ist, welches du entweder lieben wirst oder nur den Kopf darüber
schütteln.“
Nun, sie hatte Recht. Ich habe mich
durch das erste Kapitel gequält und beim Zweiten die Lust verloren.
(Ich muss jedoch sagen, dass ich die Namen mag, die klingen
nordisch.)
Der Klappentext hätte mich vorwarnen
sollen, weil ich ihn damals nur überflogen und nicht ganz richtig
gelesen habe. „Als Katsa dem geheimnisvollen Prinzen von Lienid
begegnet, weiß sie sofort, dass auch er beschenkt ist – sie ist
sich nur nicht sicher, mit welcher Gabe. Katsa dagegen ist in allen
Königreichen bekannt und gefürchtet: Sie hat die Gabe des Tötens.
Nur Bo, der fremde Prinz, scheint
keine Angst vor ihr zu haben und ringt beharrlich und mit viel Geduld
um ihr Vertrauen.
Im Kampf gegen einen König mit
einer teuflischen Gabe werden sie auf ihrem gemeinsamen Weg durch
Schnee und Eis, über Meere und Gebirgsketten zu Verbündeten – und
zu einem leidenschaftlichen, unabhängigen, innigen, streitenden,
liebenden Paar.“
Ich glaube, dass ich den letzten Satz
wirklich übersehen hatte. Der Name „Katsa“ hat mich zudem
unwillkürlich an „Katla“ aus „Die Brüder Löwenherz“
erinnert, wo Katla ein großer, schwarzer Drache mit giftigem Atem
ist. Und sehr viel toller als Katsa.
Das Buch beginnt damit, dass Katsa auf
dem Weg in die Verliese irgendeiner Burg ist, weil sie dort die
Männer ausschalten soll, denn sie hat die Gabe des Tötens. Ich
persönlich finde das ein wenig unspezifisch und eigentlich ein
bisschen lächerlich – jeder kann einen anderen Menschen töten,
selbst Kinder können manchmal unbeabsichtigt andere umbringen. Was
macht ihre Gabe also besonders? Kann sie töten, ohne, dass sie
dreckig wird? Kann sie jemanden selbst mit einer Stecknadel
umbringen? Wie äußert sich diese ominöse „Gabe des Tötens“?
Und heißt das, dass alle anderen unsterblich sind, sodass sie allein
die Leute umbringen kann? (Spoiler: Nein, das hätte das alles ja zu
logisch und interessant gemacht.)
Gleich darauf stolpert sie auch schon
über die Wachen, und wir bekommen zu sehen, wie sich die „Gabe des
Tötens“ äußert. Nämlich durch Kung Fu, oder zumindest etwas
Ähnliches, was präzise Schläge auf „Schläfe und Nacken“
erfordert, um die Wachen zu töten. Eine Wache lässt sich von dem
Ganzen nicht sonderlich beeindrucken, woraufhin Katsa „[sich]
unter seiner Schwertklinge [duckt]“ und „die Beine wie
Windmühlenflügel“ schwingt. „Ein Fuß traf seine Schläfe
und der Mann fiel zu Boden.“ Bei mir lag das Problem, dass ich
mir absolut nicht vorstellen konnte, was genau sie da gemacht hat. In
meinem Kopf hat sie ein Rad geschlagen, aber ich weiß nicht, ob das
heißt, dass sie ihre Beine wie Windmühlenflügel kreisen lässt.
Nun, zumindest hat Katsa alle
umgebracht und läuft weiter in den Hof, in dem sie eine Spur aus
bewusstlosen Wachleuten hinterlässt (steht so im Text) und sagt,
dass sie nicht töten möchte. Liebe Katsa, vielleicht hast du einige
der Männer unabsichtlich schon getötet; ich denke da an Denjenigen,
dem du einen Tritt an die Schläfe verpasst hast. Kann gut sein, dass
der bereits tot ist.
Dann folgt ein Flashback, wie sie ihre
Gabe das erste Mal benutzt hat, nämlich an einem alten, schmierigen,
ekligen Cousin von ihr, der ohnehin allen Mädchen nachgestarrt und
sie berührt. (Ich fühle mich an Gríma erinnert, nur, dass der
nicht ganz so blöd war.) Katsa ist acht Jahre alt, als der Cousin
sich auch für sie zu interessieren beginnt. (Während ich etwas
entsetzt den Kopf schüttele. Ernsthaft? Acht Jahre?) Katsa findet
seine Avancen natürlich eklig und stößt ihn von sich, als er
gerade ihr Bein berühren will. Ihr Bein. Sie ist acht Jahre
alt, wie klein ist dann der Mann (der definitiv als „Mann“
bezeichnet wird), bzw. wie tief muss der sich gebückt haben, was
definitiv auffällt? Schulter, Kopf oder Rücken wären definitiv
unauffälliger gewesen und da hätte man auch noch die Ausrede
benutzen können, dass man sie ja nur für etwas gelobt habe. Katsa
ist schließlich die Nichte des Königs, und ich weiß nicht, wie
gerne der das sieht, dass seine Nichte berührt wird. Obwohl ich
nicht weiß, wie der König davor zu seiner Nichte steht, das
wird im Text nicht gesagt, nur danach hält er eine Ausbildung für
nötig, meidet sie jedoch.
Jedenfalls stößt Katsa dem Cousin den
Nasenknochen in das Gehirn (mit acht Jahren), der natürlich sofort
tot ist. Woher sie das genaue anatomische Wissen hat, ist mir
schleierhaft; vielleicht gehörte das zu ihrer höfischen Ausbildung
mit dazu. Auf der anderen Seite wird betont, dass sie keine Ahnung
hatte, was sie tat.
Sie wird also danach vom Meisterspion
ausgebildet und lernt, wie man Leute zu Krüppeln macht, ohne sie zu
töten. (Persönliche Meinung, aber: Ich finde es manchmal sehr viel
gnädiger, Leute zu töten, anstatt sie zu Krüppeln zu machen,
insbesondere in einer mittelalterlich angehauchten Welt, wo einer
verkrüppelten Wache wohl nur das Betteln bleibt, um sich zu
ernähren.) Manchmal kämpft sie gegen acht Männer in voller Rüstung
gleichzeitig, ohne Waffe, und besiegt sie alle. In mir schreit gerade
etwas sehr laut „Mary-Sue!“
Fazit: Ich rätsele immer noch, was
genau die „Gabe des Tötens“ denn nun ist, denn klar ist es mir
nicht. Und außerdem nervt mich Katsa jetzt schon aus einem
unerfindlichen Grund.
Der Flashback ist zu Ende, Katsa geht
weiter über den Hof und wird von einem geheimnisvollen Mann
aufgehalten, der sich mit ihr unterhält, nachdem sie seinen Arm
gelähmt und ihn über ihre Schulter geworfen hat. Er landet auf den
Füßen, also muss er ein Beschenkter sein. Und er ist „besonders“,
weil er ein Lienid ist wie wahrscheinlich sie selbst und sie sich
sagt, dass sie einen Lienid nicht töten kann.
„Die Vernunft riet ihr, ihn zu
töten. […] ‚Ich werde Ihnen gar nichts sagen, und
Sie müssen mich vorbeilassen.‘
‚Muss ich das?‘
‚Wenn Sie es nicht tun, muss ich
Sie zwingen.‘
‚Meinen Sie, dass Sie das
könnten?‘
Sie täuschte eine Rechte vor und er
wich mühelos aus. Sie wiederholte es schneller. Wieder bog er sich
zur Seite. Er war sehr gut. Aber sie war Katsa.“
Ein kleiner Einblick auf Katsas
Arroganz. Aus unerfindlichen Gründen lässt der Mann sie auf einmal
vorbei und sagt, dass er ihr vertraut, was sie ausnutzt und ihn
niederschlägt. Sie streckt seine betäubten Gliedmaßen aus (macht
sie bei jeder Wache, um ihnen eine Schlafpille in den Mund zu legen)
und er ist jünger, als sie gedacht hat, sein Hemd steht offen und
das Licht glänzt auf seinem Schlüsselbein. Ich wittere ein Love
Interest.
Sie reiten wieder zurück, nachdem sie
in den Kerkern einen gefangenen Lienid gerettet haben, den sie zurück
nach „Randa City“ bringen. Ich muss lachen, weil sich der Name
einfach vollkommen unpassend anhört. „Stadt Randas“ hätte noch
besser geklungen als „Randa City“.
Katsa denkt währenddessen über den
geheimnisvollen Lienid nach, weil er ja jetzt weiß, wer sie ist, und
dass sie ihn hätte töten sollen. „Aber er hatte weder
bedrohlich noch verdächtig gewirkt. Und vor allem war er neugierig
gewesen. Er hatte ihr vertraut.“
Während ich mir mit der Hand an den
Kopf schlage. Das Verhalten des Mannes war verspottend, das hat Katsa
sogar selbst gemerkt, dass er nur mit ihr spielt. Nur, weil er gesagt
hat, dass er ihr vertraut, heißt das noch lange nicht, dass er das
auch wirklich tut. Herrgott, was würde sie tun, wenn ich ihr einen
meiner Charaktere vor die Nase setzen würde, der auch noch höflich,
rücksichtsvoll und vor Allem sehr subtil ist? Katsa würde sich von
einer Klippe stürzen, wenn der sie freundlich darum bitten würde!
D:
Und
wir sind auf Seite 23, das erste Kapitel ist vorbei. Das Buch hat 493 Seiten, und das zweite
Kapitel beginnt mit einer Erklärung über die verschiedenen
Königreiche und deren Könige, die so verwirrend ist, dass ich nicht
mehr durchgeblickt und das Buch beiseite gelegt habe.
Auch jetzt, wo ich das
nochmal durchgelesen habe, verspüre ich keinerlei Lust, damit
weiterzumachen. Tut mir Leid.
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