Dienstag, 21. November 2023

Die "Gefängnisgespräche" in Cwideas sind doch nicht so nutzlos, wie ich dachte?

Ich bin gerade dabei, ein MSTing zu „Cwideas“ zu schreiben, von daher lese ich mir momentan noch einmal die ganze Geschichte durch. (Es ist… schwierig. Teilweise sind da Stellen, über die man sich gut lustig machen kann, teilweise… nicht.)

 

Es ist zumindest amüsant, zu sehen, was für Emotionen da hochkommen: Sarkasmus bei unlogischen Stellen. (Ja, stuntfola, von Beutelsend schaffst du es sicherlich, aus dem Auenland zu rennen. Dauert nur fünf Minuten. Wirklich. Ganz sicher.) Unkontrollierbares Kichern, wenn Krähenfuß wieder etwas sagt, das man auch ganz anders interpretieren kann, wenn man ihn besser kennt. Ekel, wenn Gríma wieder mal seinen wahren Charakter durchschimmern lässt, nämlich den eines machthungrigen Bastards. Eine Mischung aus Schadenfreude und Wut, wenn Saruman ein manipulativer Zauberer mit magischer Stimme ist. (Also fast immer.)

Leichtes Bedauern, wenn stuntfola in Situationen ist, in der ihr post-Auenland-Charakter sehr viel hilfreicher wäre als ihr sich-ducken. Bei solchen Stellen wünschte ich mir manchmal, ihr etwas mehr Wut, etwas mehr Lebenserfahrung gegeben zu haben, auf der anderen Seite weiß ich nicht, ob das zu große Konsequenzen nach sich gezogen hätte.

Eine Alternative wäre natürlich, es sie nur denken zu lassen, aber ich fürchte, dass selbst das manchmal zu sehr ablenken würde. (Ein Beispiel, einfach, weil es mir gerade noch recht frisch in Erinnerung ist: In Kapitel 38 gibt es eine Stelle, in der Gríma die Namensgebung von Schwertern erklärt und da natürlich auch nicht umhin kommt, einen bitteren Kommentar zur ides abzulassen: „Sie hatte Pflichten zu erfüllen als einzige Herrin des Hauses Eorl, und so blieb ihr wenig Zeit, um ein Schlachtfeld aufzusuchen. Sicherlich war es auch das, was sie davon abhielt, mich eigenhändig zu töten – mein Blut ist unrein und nicht würdig, ihre Klinge zu beflecken; vor Allem nicht als Erster.“

Was stuntfola im Text denkt: Ich schluckte. Sie war auf einem Schlachtfeld gewesen, unter dem Decknamen Dernhelm.

Was stuntfola jetzt denken würde: Aber sie ist auf einem Schlachtfeld – wartet, war das doppeldeutig gemeint? Iiih, was zur Hölle, Gríma?)

 

 

Außerdem ist eine ganz interessante Beobachtung, dass der Auenland-arc tatsächlich nicht so überflüssig ist, wie anfangs gedacht?

In den Reviews habe ich viel die Rückmeldung bekommen, dass die Auenland-Zeit schwierig zu lesen war; viele haben in der Zeit auch die Geschichte pausiert oder gänzlich fallengelassen. Kein Wunder; ich selbst hatte immense Schwierigkeiten, nach dem sehr klaren Ziel und „Marsch-Trott“ mich auf einmal mit der neuen Perspektivlosigkeit zurechtzufinden.

Ich hatte damit gerechnet, dass ich beim Wieder-lesen ungeduldig sein würde, vor Allem bei den vielen stuntfola-Krähenfuß-Gesprächen, die nicht vorwärts gehen und sich immer wieder wiederholen, aber das… war zu meinem Erstaunen nicht der Fall. (Selbst das Kapitel, welches ich als das Nutzloseste erachtete: Kapitel 67 hat seine Daseinsberechtigung, indem die (eingebildete) Stimme Sarumans stuntfola zu einer Entscheidung zwingt.)

Denn die Gespräche wiederholen sich nicht, nicht wirklich. Es gibt in jedem Gespräch zwischen den beiden neue Informationen, und sei es nur das gegenseitige Erstaunen, dass das gegenüber ja doch zu einer Bandbreite an Emotionen fähig ist anstatt nur den default-Einstellungen. Klar, es ist manchmal sehr subtil, aber es ist da.

Und gerade das ist so wichtig und führt dazu, dass sie zusammen reisen, ehrlicher miteinander sind und Vertrauen aufbauen. Etwas, das, denke ich, gerade die beide mit ihren jeweiligen traumatischen Erlebnissen dringend nötig hatten.

Denn Gríma hat sowohl in stuntfola als auch in Krähenfuß sehr viel Paranoia, Misstrauen und Abschottung gesäht – und das noch nicht einmal absichtlich, denke ich. Das hat auch viel mit den Umständen zu tun, in denen er (und sie alle) sich auf einmal befunden haben. Hat stuntfola sich jemals wirklich getraut, Gríma gegenüber ihre Meinung zu sagen? Ehrlich wütend auf ihn zu werden, ihn in seinem Verhalten ihr gegenüber zu konfrontieren? Nein, nicht wirklich. Gleiches gilt für Krähenfuß, und der zieht natürlich automatisch Méahred da noch mit rein.

Wie erfrischend das ist, beim ersten (Wieder-)aufeinandertreffen auf einmal die rohen Emotionen mitzubekommen! Beide sind so dermaßen entsetzt und wütend, dass sie wieder miteinander agieren müssen, dass sie explodieren! Stuntfola bricht relativ offen vor Krähenfuß in Tränen aus, anstatt das wie damals bei Gríma eher still und heimlich zu tun. Krähenfuß… ist Krähenfuß und schleudert die ganze Wut, Angst und Frustration seines Eingesperrt-seins stuntfola entgegen, anstatt das hinter seinem üblichen Sarkasmus zu verstecken.

Die Ironie ist mir erst jetzt aufgefallen, aber… mit Grímas Tod sind auch die Masken der anderen abgefallen. (Tolkien, danke für die Namensgebung!)

Natürlich sind da noch einige Dinge, die hinter den Masken bleiben (Krähenfuß‘ Beziehung zu Méahred, stuntfolas Buch -, bzw. modernes Wissen), aber der ganze Umgang ist bei Weitem ehrlicher als noch beim ehemaligen Ratgeber.

Und es ist nicht so, als wäre das den Lesern nicht auch aufgefallen. Ich bekomme meist immer noch ein blödes Grinsen im Gesicht, wenn ich mir alte Reviews durchlese, in der Reviewer erst beschreiben, wie unmöglich sie Krähenfuß finden würden, nur, um ganz am Ende zu sagen, dass sie noch 100 weitere Kapitel der Reise von stuntfola und dem Strolch gelesen hätten.

Lieblingsstrolch.

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