Freitag, 10. September 2021

Hláfordswicans scua

Und hier eine kurze Szene, weil ich nicht glaube, dass ich bei Ealdgewyrht da je hinkommen werde. Starring Paranoia, Geheimnisse, Dunkelheit, fremd gewordene Bekannte und unangenehmes Schweigen. Ich mag das Präsens. Und stuntfola übersetzt nicht ganz korrekt, weil sie natürlich keine Ahnung hat.


Hwæt cnáwest ær þú!“ Krähenfuß' Stimme ist laut und wütend, und ich zucke zusammen. „Hwæt cnáwest ær þú þærof, in þá deorcness anlíepe sittan and cnáwian nánuht! Heorian geond þín dor hú þá óþers inbrungen, ungewiss hwæt hire and þín ægen ealdorlegu wese! Aforhtian hú manige feollon in þá beadu and hú genæs! Gefrignan fram þá holbytlas þæt þá galdere is déad and hwonne ascian gif, wæninga, án áne of þá twá menn þú æ weorþlice for þé wæren, gíen geleo -

Er unterbricht sich, und die Stille, die sich ausbreitet, ist gefüllt mit zu viel gesagten, bereuten Worten. Sein Blick weicht dem Meinem aus, als ob er dadurch das eben Gesprochene ungeschehen machen könne, und seine Lippen pressen sich so fest aufeinander, dass sie weiß werden.

Was weißt du schon! Was weißt du schon davon, allein in der Dunkelheit zu sitzen und nichts zu wissen! Durch deine Tür hindurch zu hören, wie die anderen hereingebracht werden, ungewiss, was ihr und dein eigenes Schicksal sein wird! Sich zu fragen, wie viele in der Schlacht fielen und wer überlebte! Von den holbytlas zu hören, dass der Zauberer tot sei, und sich dann die Frage zu stellen, ob womöglich nur einer der beiden Menschen, die dir je wichtig waren, noch am -
Cwéad.“ Der Fluch ist wenig mehr als ein leises Zischen, welches er ausstößt, und dann steht er ruckartig auf, verlässt den Raum und lässt die Tür hinter sich ins Schloss fallen.
Mein verwirrter Blick gleitet zu Méahred, der ein tiefes Seufzen von sich gibt und das Gesicht in den Händen vergraben hat. Für einen Moment zucken seine Finger, als wollten sie in sein Haar greifen.

Als er aufblickt, schrecke ich ein wenig vor der Müdigkeit in seinem Gesicht zurück, doch mehr noch vor der plötzlichen Kälte seiner grauen Augen.
Ich habe ihn noch nie so gesehen, nicht einmal dann, wenn er über Gríma gesprochen hat. Kein Funken Wärme liegt in seinem Blick, keine Weichheit liegt in seiner Gestik, als er langsam die Hände vor sich auf dem Tisch faltet.

In diesem Moment wird mir bewusst, dass ich einem Mann gegenüber sitze, der einem bösen Zauberer diente und in einer Schlacht mitkämpfte. Ein Mann, der mich mit Leichtigkeit töten könnte - und würde.

Die Stille zwischen uns wächst, nimmt sich ihren Raum und mir langsam die Luft zum Atmen.
„Du hast sicherlich Fragen.“ Selbst seine Stimme ist flach und feindselig, und mein Hals schnürt sich zusammen.
Ich dachte immer, dass ich vor Krähenfuß Angst haben muss, vor ihm oder Gríma. Nicht vor Méahred, dessen Schmunzeln immer so einfach kommt und der immer ein wärmendes Wort für einen übrig hat.

Nichts an ihm strahlt in diesem Moment Wärme aus.
Ich schlucke, hole tief Luft. „Es ist schrecklich, was Krähenfuß da erzählt hat.“ Es ist mir bewusst, dass ich ablenke, doch ich weiß nicht, was ich sonst sagen soll. Alles, um diesen unheimlichen, fremden Strolch loszuwerden. „Ich... mir war so vieles nicht bewusst, auch, wenn ich... immer noch nicht alles verstehe. Ich meine, weshalb... weshalb hat Krähenfuß mich überhaupt mitgenommen? Er hätte das nicht tun müssen.“
Dies ist keine der Fragen, mit denen Méahred anscheinend gerechnet hat, denn für einen Moment zuckt ein tiefer Schmerz über sein Gesicht, und er scheint zusammenzusacken.
„Du warst sein einziger Weg aus seiner Gefangenschaft hinaus“, sagt er, doch es klingt nicht überzeugend.
„Ja“, schnaube ich. „Das, und Grímas Versprechen. Ich verstehe immer noch nicht, wie die beiden zusammengearbeitet haben.“
„Der hláfordswica ist gut darin gewesen, die Gefühle von anderen zu seinen Gunsten auszunutzen.“ Méahreds Stimme ist fast ein wenig bitter, und ich nicke.

Das ist wirklich etwas, in dem Gríma sehr gut gewesen ist – stand ja, im Grunde, in der Jobbeschreibung drin. Zumindest in der einen.

In der, die den märchenhaften Belohnungszusatz hatte: Die Hälfte der Schätze und die Hand der Prinzessin. Schildmaid. Ides. Wie auch immer sie genannt werden wollte. Wahrscheinlich gar nichts von solch einem Bastard wie Gríma.

Werden in den alten Märchen eigentlich je die Prinzessinnen nach ihrer Meinung zu dem Ganzen gefragt? Oder ist das impliziert, dass das alles mit Einwilligung geschieht?

Mit einem müden Seufzen stütze ich meine Ellenbogen auf die Tischplatte. „Es kommt also doch immer alles wieder auf Gríma zurück“, sage ich, sehe, wie Méahreds Blick sich noch weiter verfinstert. „Der Ratgeber hat Krähenfuß manipuliert, ihm zu helfen. Sieht ihm ähnlich.“

„Es ist nicht so, als wenn Créofan nicht… freiwillig zu ihm gegangen wäre.“ Méahred starrt auf das Holz, auf dem seine Knöchel so weiß sind wie Krähenfuß‘ Lippen vorhin. „Und das… war vielleicht das Schlimmste. Zuzusehen und zu wissen, dass man nichts tun kann.“

„Aber Gríma hat ihm das alles eingeredet.“

Es ist merkwürdig, wie einfach es ist, über den Ratgeber zu reden. Wie es einfacher ist, ihn zu hassen und Vermutungen anzustellen, wie er andere ausgenutzt hat, als Krähenfuß selbst zu fragen.

Vielleicht, weil mir noch zu gut in Erinnerung ist, wie Krähenfuß reagierte, als ich ihm vom Tod des Ratgebers berichtete.

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