Und hier eine kurze Szene, weil ich nicht glaube, dass ich bei
Ealdgewyrht da je hinkommen werde. Starring Paranoia, Geheimnisse,
Dunkelheit, fremd gewordene Bekannte und unangenehmes Schweigen. Ich mag das
Präsens. Und stuntfola übersetzt nicht ganz korrekt, weil sie natürlich keine
Ahnung hat.
„Hwæt cnáwest ær þú!“ Krähenfuß' Stimme ist laut und
wütend, und ich zucke zusammen. „Hwæt cnáwest ær þú þærof, in þá deorcness anlíepe sittan and cnáwian
nánuht! Heorian geond þín dor hú þá óþers inbrungen, ungewiss hwæt hire and
þín ægen ealdorlegu wese! Aforhtian hú manige feollon in þá beadu and hú
genæs! Gefrignan fram þá holbytlas þæt þá galdere is déad and hwonne ascian
gif, wæninga, án áne of þá twá menn þú æ weorþlice for þé wæren, gíen geleo
-“
Er unterbricht sich, und die Stille, die sich ausbreitet, ist
gefüllt mit zu viel gesagten, bereuten Worten. Sein Blick weicht dem Meinem
aus, als ob er dadurch das eben Gesprochene ungeschehen machen könne, und
seine Lippen pressen sich so fest aufeinander, dass sie weiß werden.
„Was weißt du schon! Was weißt du schon davon, allein in der Dunkelheit zu
sitzen und nichts zu wissen! Durch deine Tür hindurch zu hören, wie die
anderen hereingebracht werden, ungewiss, was ihr und dein eigenes Schicksal
sein wird! Sich zu fragen, wie viele in der Schlacht fielen und wer
überlebte! Von den holbytlas zu hören, dass der Zauberer tot sei, und sich
dann die Frage zu stellen, ob womöglich nur einer der beiden Menschen, die
dir je wichtig waren, noch am -“
„Cwéad.“ Der Fluch ist wenig mehr als ein leises Zischen, welches er
ausstößt, und dann steht er ruckartig auf, verlässt den Raum und lässt die Tür
hinter sich ins Schloss fallen.
Mein verwirrter Blick gleitet zu Méahred, der ein tiefes Seufzen von sich gibt
und das Gesicht in den Händen vergraben hat. Für einen Moment zucken seine
Finger, als wollten sie in sein Haar greifen.
Als er aufblickt,
schrecke ich ein wenig vor der Müdigkeit in seinem Gesicht zurück, doch mehr
noch vor der plötzlichen Kälte seiner grauen Augen.
Ich habe ihn noch nie so gesehen, nicht einmal dann, wenn er über Gríma
gesprochen hat. Kein Funken Wärme liegt in seinem Blick, keine Weichheit liegt
in seiner Gestik, als er langsam die Hände vor sich auf dem Tisch faltet.
In diesem Moment wird mir bewusst, dass ich einem Mann gegenüber
sitze, der einem bösen Zauberer diente und in einer Schlacht mitkämpfte. Ein
Mann, der mich mit Leichtigkeit töten könnte - und würde.
Die
Stille zwischen uns wächst, nimmt sich ihren Raum und mir langsam die Luft zum
Atmen.
„Du hast sicherlich Fragen.“ Selbst seine Stimme ist flach und feindselig, und
mein Hals schnürt sich zusammen.
Ich dachte immer, dass ich vor Krähenfuß Angst haben muss, vor ihm oder Gríma.
Nicht vor Méahred, dessen Schmunzeln immer so einfach kommt und der immer ein
wärmendes Wort für einen übrig hat.
Nichts an ihm strahlt in
diesem Moment Wärme aus.
Ich schlucke, hole tief Luft. „Es ist schrecklich, was Krähenfuß da erzählt
hat.“ Es ist mir bewusst, dass ich ablenke, doch ich weiß nicht, was ich sonst
sagen soll. Alles, um diesen unheimlichen, fremden Strolch loszuwerden.
„Ich... mir war so vieles nicht bewusst, auch, wenn ich... immer noch nicht
alles verstehe. Ich meine, weshalb... weshalb hat Krähenfuß mich überhaupt
mitgenommen? Er hätte das nicht tun müssen.“
Dies ist keine der Fragen, mit denen Méahred anscheinend gerechnet hat, denn
für einen Moment zuckt ein tiefer Schmerz über sein Gesicht, und er scheint
zusammenzusacken.
„Du warst sein einziger Weg aus seiner Gefangenschaft hinaus“, sagt er, doch
es klingt nicht überzeugend.
„Ja“, schnaube ich. „Das, und Grímas Versprechen. Ich verstehe immer noch
nicht, wie die beiden zusammengearbeitet haben.“
„Der hláfordswica ist gut darin gewesen, die Gefühle von anderen zu
seinen Gunsten auszunutzen.“ Méahreds Stimme ist fast ein wenig bitter, und
ich nicke.
Das ist wirklich etwas, in dem Gríma sehr gut gewesen
ist – stand ja, im Grunde, in der Jobbeschreibung drin. Zumindest in der
einen.
In der, die den märchenhaften Belohnungszusatz hatte: Die
Hälfte der Schätze und die Hand der Prinzessin. Schildmaid. Ides. Wie
auch immer sie genannt werden wollte. Wahrscheinlich gar nichts von solch
einem Bastard wie Gríma.
Werden in den alten Märchen eigentlich je die Prinzessinnen nach ihrer
Meinung zu dem Ganzen gefragt? Oder ist das impliziert, dass das alles mit
Einwilligung geschieht?
Mit einem müden Seufzen stütze ich meine Ellenbogen auf die
Tischplatte. „Es kommt also doch immer alles wieder auf Gríma zurück“, sage
ich, sehe, wie Méahreds Blick sich noch weiter verfinstert. „Der Ratgeber hat
Krähenfuß manipuliert, ihm zu helfen. Sieht ihm ähnlich.“
„Es ist
nicht so, als wenn Créofan nicht… freiwillig zu ihm gegangen wäre.“ Méahred
starrt auf das Holz, auf dem seine Knöchel so weiß sind wie Krähenfuß‘ Lippen
vorhin. „Und das… war vielleicht das Schlimmste. Zuzusehen und zu wissen, dass
man nichts tun kann.“
„Aber Gríma hat ihm das alles eingeredet.“
Es ist merkwürdig, wie einfach es ist, über den Ratgeber zu reden.
Wie es einfacher ist, ihn zu hassen und Vermutungen anzustellen, wie er andere
ausgenutzt hat, als Krähenfuß selbst zu fragen.
Vielleicht, weil
mir noch zu gut in Erinnerung ist, wie Krähenfuß reagierte, als ich ihm vom
Tod des Ratgebers berichtete.
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