Mittwoch, 12. Februar 2014

Ein kurzer Blick auf: Scéarnath

Ein kurzer Blick auf die Personen in „Und der Krähen ferner Ruf“, Stand: Momentan 14 Kapitel (Céogar; 63. ‚It’s a death row pardon two minutes too late')





Scéarnath

Fangen wir mit der eigentlichen Hauptperson an und dem Grund, weshalb ich ihn wählte. Die Idee der Geschichte kam mir, als ich dem Lied „Habgier“ von der Band Coppelius lauschte; und die letzten Zeilen riefen sofort ein Bild in mir wach.

Ich wurd' gefangen, werd' verurteilt
Und nun wart' ich auf den Tod
Ein letzter Wunsch sei mir gewährt
Die letzte Pfeife, die letzte Speise
Noch eine Liebesnacht
Nein, gleich die Freiheit
Mich packt die Gier

Gib alles her! Gib her!
Gib alles her! Noch mehr!
Gib alles her! Gib her!
Und noch mehr, noch mehr!

Das Lied handelt über einen armen Mann, der im Winter in Lumpen durch die Stadt wandert und bei den Reichen bettelt, jedoch neidisch auf diese ist und das Unrecht, welches ihm in seinen Augen widerfahren ist, da er immer wieder davon gejagt und abgewiesen wird. Schließlich ist er so voller Rachegedanken, da er nicht bekommt, was ihm seiner Meinung nach zusteht, dass er die Kirche des Dorfes anzündet. (Ob sich währenddessen Leute in dieser befinden, wird nicht gesagt; doch da Winter ist und womöglich Weihnachten, geht man wohl davon aus...)
Letzten Endes jedoch wird er gefangen genommen und zum Tode verurteilt, und dort wird ihm ein letzter Wunsch gewährt, und seine Gedanken drehen durch und die Gier nimmt wieder überhand.
Insbesondere die vorletzte Zeile „Nein, gleich die Freiheit“ rief in mir sofort das Bild Grímas wach, wie er auf den Stufen vor Théodens Wut und dem drohenden Tod zurückweicht. Im selben Moment war mir jedoch klar, dass Gríma nicht nach seiner Freiheit verlangen konnte, da er einerseits in dieser Situation zu sehr geschockt ist, und andererseits auch nicht den Charakter dafür hat. Abgesehen davon bot Théoden ihm nicht an, einen letzten Wunsch erfüllt zu bekommen. (Dieser könnte auch zu leicht über Éowyn und ihre... nun, er könnte eben zu leicht über Éowyn ausgehen. Leute kommen auch die merkwürdigsten Ideen, wenn ihnen der Tod droht.)
Dann war ein zweiter Grund, dass mir die Idee kam, dass Gríma nicht unbedingt aus Isengard kommen musste und auch nicht unbedingt als Erbe von seinem Vater nach Edoras als Ratgeber kam. Als Ratgeber möchte man ja normalerweise Leute, die fähig sind, einen zu beraten, und nicht unbedingt den Sohn von demunddem großen Ratgeber, der jedoch zu nichts taugt und nichts im Kopf hat.
Also wurde daraus eine Art... Arbeitssuche; Wettbewerb für den geschicktesten Ratgeber.

Und da kam Scéarnath ins Spiel.

Ich wollte einen eigenen Charakter erfinden; und zwar einen, der einem unsympathisch ist. Einen, über den man den Kopf schüttelt mit solchen Gedanken.
Ich wollte so gesehen einen Grenouille erschaffen; was passt, da ich das Buch „Das Parfüm“ auch zu dieser Zeit las. Grenouille, der in der Filmarisierung natürlich viel zu hübsch dargestellt wird, als wie er eigentlich im Buch beschrieben wird, der in seinen eigenen Gedanken lebt und nur auf sein Ziel hinarbeitet, und dies mit zunehmender Präzision, wobei er sich seine angeborenen Gaben zunutze macht.
Ich habe nie vorher einen Charakter getroffen, der so abstoßend und doch so faszinierend war, und ich denke, unbewusst versuche ich, dies immer auf „meinen“ Gríma anzuwenden.
Scéarnath sollte ein ehrgeiziger junger Eorling sein, der bereit ist, alles zu tun, um sein Ziel zu erreichen, ähnlich wie Grenouille. Man sollte den Kopf über ihn schütteln, man sollte aufseufzen, sich fragen, weshalb er dies tut. Weshalb er so töricht ist.
Und dies ist mir anscheinend gelungen.
Ich wollte Eifersucht eine große Rolle spielen lassen, und zwar nicht die Eifersucht um eine Frau, sondern... eben um ein Schmuckstück. Ein Schmuckstück, welches Macht verspricht.
Und da sollte es eigentlich drum gehen in meiner Kurzgeschichte.
Scéarnath strebt nach Macht, nach Anerkennung, die in der eigentlichen Geschichte ein wenig näher charakterisiert worden ist. Er hat einen älteren Bruder, der vor ihm Dorfvorsteher werden wird und somit das Erbe seines Vaters antritt, und was bleibt dann für einen zweitgeborenen Sohn übrig? Sich selbst sein Glück suchen.
In den Märchen ist dies immer der Fall. Der Held zieht aus, sein Glück zu suchen, und meistens kommt er auch mit dem halben Königreich und der Prinzessin wieder.
Nicht jedoch Scéarnath. Scéarnath ist zu ungeschickt gewesen, zu gierig, zu vorschnell.

Ein Berater muss nicht nur geschickt im Umgang mit den Worten sein; er muss auch beobachten können. Eine Lage kann schnell zu Euren Ungunsten kippen, wenn Ihr nicht in den Gesichtern der Menschen lesen könnt, Herr Scéarnath. So, wie ich Euren Blick sah, als ich ernannt wurde. Ihr hättet besser daran getan, mich gleich zu töten.
3. Kapitel: Des Königs Urteil

Scéarnath hätte tatsächlich besser daran getan, ihn zu töten, denn dann wäre der Ringkrieg wahrscheinlich ganz anders ausgegangen. Doch er hat es nicht getan, und so lebt Gríma weiter und kann mehr oder weniger munter sein Netz spinnen und seine giftigen Worte weitergeben – natürlich noch nicht zu diesem Zeitpunkt.
Gríma demonstriert hier schon seinen Einfluss; seine neue, hohe Machtposition, indem er Scéarnath verbannen lässt.
Und Scéarnath muss sich dem fügen, demonstriert jedoch noch sein Geschick, indem er seinen letzten Wunsch so ausspricht, dass es ihn nicht den Kopf, sondern „nur“ die Freiheit kostet.
Scéarnath muss einsehen, dass man sich eben nicht aus Allem herausreden kann.
Und ist so egoistisch, dass er sich selbst bemitleidet. Er verschwendet keinen weiteren Gedanken an jene, die ihm halfen, noch an seine Freunde oder seinen Bruder; fühlt sich sogar verraten durch diese, da sie ihn im Stich lassen.
Scéarnath jammert über sein eigenes Leid, hat jedoch bald keine Zeit mehr dafür, da er überlegen muss, was er nun tut, wohin er nun gehen soll.
Wobei ihm jedoch nicht viel Zeit zum Überlegen bleibt, da er zu einer Entscheidung gezwungen wird.
Er muss laufen, ehe er weiß, wohin, und so läuft er erstmals gegen eine literarische Wand, um danach ziellos in die weite Ebene hinauszulaufen. Er weiß nicht, wohin er soll, was er nun tun muss, was seine Aufgabe ist. Er hat sich so sehr in seinem Traum verloren, dass er nicht ganz an Alternativen gedacht hat.
Es ist ihm bewusst, dass er Schande über sich selbst gebracht hat, und so weiß er, dass er nicht zu sich nach Hause zurückkehren kann, da er weiß, dass sowohl sein Vater als auch die Gemahlin seines Bruders ihn nicht unbedingt mit offenen Armen empfangen werden.
Scéarnath ist kein Mann, der viele ehrliche Freunde hat, und nun ist sein einziger Freund sein Bruder, von dem es nicht sicher ist, dass er ihn noch einmal sieht.
Scéarnath ist auf sich allein gestellt.

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