Im Moment habe ich zwei größere
Projekte am Laufen, und dies sind sogar besondere Projekte: Es sind,
besser gesagt, Experimente. Und hier möchte ich ein wenig darüber sprechen.
Einige werden vielleicht sofort
erkennend nicken und auf meine Geschichte „Der Duft des Grases im
Wind“ deuten, und ich werde lächeln und nicken und ihnen Recht
geben.
Der „Duft des Grases“, wie ich ihn
jetzt mal abkürzen werde, ist nämlich eine Art...
Entscheidungsgeschichte, in der die Leser über das Schicksal des
Protagonisten entscheiden müssen. Und dies tun sie mit größer
Begeisterung, wie ich feststelle. Favoriteneinträge hat die
Geschichte nicht so viele; dafür aber umso mehr Reviews, denn jeder
will natürlich seine Stimme mit einbringen.
Dies funktioniert nämlich so, dass am
Ende eines Kapitels einige Möglichkeiten kommen, wie die
Protagonistin reagieren soll. Die Leser dürfen wählen, und die
Möglichkeit mit den meisten Stimmen wird im nächsten Kapitel
geschrieben werden.
Es macht Spaß, sich zu überlegen, was
die Leute wohl nehmen werden und insgeheim auf eine der Möglichkeiten
zu hoffen – was merkwürdigerweise bis jetzt immer geklappt hat.
Ich versuche natürlich, die Wahlen
immer so objektiv wie möglich zu schildern; es ist ja nicht so, dass
ich versuche, mit Absicht die Leser zu manipulieren – nun, gut, ich
tue es doch. Ich gebe es zu, bekenne mich schuldig.
Trotzdem versuche ich immer noch, es so
objektiv wie möglich zu halten! Aber ich kann manchmal nicht
verhindern, manchen Sachen mehr Vorzüge zu geben als anderen, da ich
ja auch auf meine Protagonistin eingehen muss.
Obwohl zwei Sachen geklappt haben, ohne
dass ich aktiv manipuliert hätte... dies sind nämlich in Kapitel 1
die Wahl der Haarfarbe und in Kapitel 8 die Wahl der
Antwortmöglichkeiten.
Dass ich zum Beispiel auf eine dunkle,
ja, eigentlich schwarze Haarfarbe gehofft hatte, ist deshalb so, da
sich hiermit noch ein paar sehr interessante Dinge ergeben, die die
Protagonistin hier am eigenen Leibe erfährt. Diesen Zweig, dieses
doch sehr dunkle Kapitel der Mark hätte sie mit blonden Haaren nur
am Rande mitbekommen und bekommt dafür jetzt die Möglichkeit, dies
aktiv mitzuerleben! Ob das jedoch so toll für sie ist, sei mal
dahingestellt.
Und dann natürlich in Kapitel 8 die
Gegenfrage... ich gebe zu, dass ich da selbst ziemlich überrascht
drüber war, dass meine Leser genau den Pfad einschlugen, den ich
gehen wollte.
Natürlich lag hier auch eher eine
versteckte Lektion; ein Verhalten, was ich schon in vielen
Geschichten habe beobachten können. Viele Mary-Sues kommen nämlich
damit davon, dass sie vorlaut und großspurig zu ihren Mitmenschen
sind, ja, wenige sind sogar fast arrogant.
Sie wissen natürlich, was das Beste
für sie und ihre Mitmenschen ist und vergessen dabei gerne, dass sie
sich a) im Mittelalter befinden und b) sie in den Augen der meisten
erwachsenen Männer noch Kinder sind und von nichts eine Ahnung
haben. Und wie strafte man Kinder früher, wenn sie etwas Dummes
taten? Genau, man legte sie über das Knie. Ich bezweifle, dass das
im Mittelalter anders gehandhabt wurde als in der neueren Zeit.
Ich hätte ja eine der neutraleren
Antworten genommen.
Zu sagen bleibt, dass unserer
Hauptperson ein interessanter Weg bevorsteht, auf dem ein oder zwei
der bekannteren Charaktere natürlich nicht fehlen dürfen,
angefangen von der... ah, aber ich greife wieder voraus.
Das andere Experiment, welches ich
meine, ist meine andere Geschichte „Cwideas“, eine
„Mädchen-kommt-von-unserer-Welt-nach-Mittelerde“-Geschichte.
Anbei eine kleine Spoilerwarnung für diejenigen, die die Geschichte
entweder noch nicht gelesen haben oder noch nicht bis Kapitel 14
vorgedrungen sind:
Es wird Spoiler geben. Große
Spoiler. Immense Spoiler.
Spoiler. Seid gewarnt. Duh.
Ich kann mit Stolz sagen, dass Cwideas
mittlerweile über 49 Favoriteneinträge verfügt, die hin und wieder
mal einen oder zwei Favos herunterrutschen, dann jedoch wieder hoch,
und über 38 Reviews.
Und sehe meine Theorie bestätigt:
RL/ME-Geschichten haben prinzipiell mehr Favoriteneinträge, und
weitaus schneller. Nur dicht gefolgt von Romanzen, wobei da die
Favoriten nicht so schnell sind, wenn man kein bekanntes Pairing
benutzt. (Was ich getan habe. Ich habe mir selbst zwei Leute
ausgedacht, und die Handlung um den Ringkrieg herum findet auch nicht
statt, und generell tauchen nur kurz drei Figuren aus dem Buch auf,
eine davon sogar nur namentlich.)
Ich möchte mit meiner Geschichte
versuchen, einen anderen Pfad einzuschlagen als den der anderen
RL/ME-Geschichten, die ich bisher gelesen habe. (Es gibt eine
Ausnahme, die an sich eine geniale Idee ist, aber die ist leider
abgebrochen.)
Und zwar, in dem ich meine Hauptperson
ganz einfach mal den Bösen mitgebe. Nicht den ganz Bösen, nein,
nicht den Nazgûl, die sie auch eher töten würden. Nein, den etwas
menschlicheren Bösen, von denen Tolkien ja auch sagt, dass der Fall
vom Guten hin zum Schlechten immer geschehen kann: Saruman und Gríma.
Die beiden haben nämlich einen langen,
langen Leidensmarsch vor sich, und den möchte ich gerne nutzen, um
mich mit ihnen auseinanderzusetzen. Um zu zeigen, dass auch die Bösen
eben... nur Menschen sind. Dass man die nicht gleich verurteilen
soll. Dass man alles eben nicht nur in Gut und Böse, Schwarz und
Weiß unterteilen kann, sondern dass es eben auch sehr viele Grautöne
gibt.
Und der Unterschied von beiden
Geschichten ist nicht nur die Favoriten - oder Reviewzahl. Es ist
schon lustig, wie bei einer Geschichte, in die man viel Mühe und
Planung hineingesteckt hat, doch ein wenig... weniger
Rückmeldungen kommen als bei einer, bei der man gar nicht richtig
planen kann und bei der die Kapitel meist knapp eine Seite
lang sind, meist unter 1000 Wörter.
Bei „Duft des Grases“ stehen im
Moment die Reviewzahlen auf 48 Reviews... bei gerade mal zehn
Kapiteln; genauer gesagt neun, da das erste Kapitel nur eine Art
Vorwort ist. Ein grober Plan existiert natürlich, und ich weiß in
etwa, was in den nächsten Kapiteln passieren wird, da ich ja die
Wahlmöglichkeiten stelle. Aber sicher sein kann man sich da nie.
Niemals.
Leser sind wirklich faszinierende
Kreaturen. Man kann alles über sie in nur einem Monat lernen, und
doch können sie einen selbst nach hunderten von Jahren noch
überraschen.
Ein herrlicher Beitrag. Ich finde es auch immer spannend wie Leser so ticken, aber auch wie andere Autoren über ihre Geschichten denken - und insofern musste ich schmunzeln, da ich vieles von mir selbst wiedererkannt habe.
AntwortenLöschenIch denke, man muss sich einfach von dem Gedanken freimachen, dass die Anzahl an Favoriten, Reviews und Klicks ein Maß für die Qualität einer Geschichte ist. Einige meiner Texte, die ich persönlich am liebsten mag, sind weitestgehend leer ausgegangen, während andere, bei denen ich das nicht nachvollziehen kann, sich (immer noch) großer Beliebtheit erfreuen. Fanfiktions und ihre Leser sind schon ein beachtenswertes Phänomen.
Zum Abschluss sei noch gesagt, dass ich beim Lesen sehr lachen musste, ein guter Humor ist doch wirklich Gold wert. ^^
PS: Ich bin jetzt sehr neugierig, was die abgebrochene Story ist, von der du schreibst und ob ich sie kenne. :D